Kanzlei, Kanzleirechtschreibung

Siegel des Markgrafen Sigismund
Siegel König Sigismunds
Ungarischer Kanzler
Kanzlei

Kreis der auf Schreibarbeiten in Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten spezialisierten Personen, die man zu einer Körperschaft bzw. Behörde organisierte. An ihrer Spitze stand der Kanzler, dessen ursprüngliche Aufgabe es war, die Urkunden zu besiegeln und das die Authentizität der Urkunden garantierende Siegel zu verwahren. In Europa entwickelten sich die Kanzleien der weltlichen Fürsten nach karolingischem Muster aus den königlichen Kapellen. Später wurden sie von Klerikern geleitet. In Ungarn schied die Kanzlei zur Zeit Bélas III. aus der königlichen Kapelle aus. Ab 14. Jahrhundert standen ihr meist die Graner Erzbischöfe vor. Von der späten Arpadenzeit an richtete man innerhalb der Kanzlei Büros ein, die unterschiedliche Siegel hatten. Zwischen 1371 und 1464 gab es verschiedene Haupt- und Geheimkanzleien, danach wurden sie wieder zusammengelegt. Der Kanzler galt als Baron, doch da er Priester war, zählte man ihn nicht zu den wirklichen Baronen. Vom Ende des 14. Jahrhunderts an gehörte er zu den obersten Richtern des Landes.

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Kanzleirechtschreibung

Die nach Annahme des Christentums verwendete Lateinschrift. Beruhte in erster Linie auf der zeitgemäßen ungarischen Aussprache der lateinischen Laute. Zeigte anfangs infolge des vom lateinischen abweichenden ungarischen Lautsystems sowie unterschiedlicher fremdsprachlicher Einflüsse viele Schwankungen. Vom Beginn des 13. Jahrhunderts an entwickelten die königliche Kanzlei und die mit der Ausgabe von Urkunden befaßten loci credibiles (Beurkundungsstellen) sie in Richtung der Vereinheitlichung. Die so entstandene Kanzleirechtschreibung stabilisierte sich im 14. Jahrhundert. Ihr Wesen: Bezeichnung mehrerer Laute (u und ü, o und ö) mit demselben Zeichen, Verwendung von Buchstabendopplung und -kombinationen (z. B. ch, ny, ew).

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