Urkunde, Arenga, Narratio
Urkunde
Ein nach festgelegten Formen ausgestelltes Schriftstück, das eine juristische Tatsache manifestiert, und dessen eigentliche Bestimmung es ist, diese Tatsache zu bezeugen. Vom Gesichtspunkt der Form und des Inhalts sind viele verschiedene Typen möglich. Allgemeinste, wenn auch nicht alleinige Form ihrer Beglaubigung war das Besiegeln. In Ungarn schrieb man Urkunden ausschließlich auf Häute (Pergamente), die aus entsprechend bearbeitetem Tierleder (hauptsächlichen von Schafen) gewonnen wurden. (Das Papier tauchte hier erst Anfang des 14. Jahrhunderts auf.) Urkunden ließen in erster Linie der König, die Mitglieder seiner Familie sowie die verschiedenen weltlichen und kirchlichen Würdenträger und Körperschaften ausstellen, bekannt sind aber auch Privaturkunden. Aus der Arpadenzeit blieben - als ein Bruchteil der einstigen Gesamtmenge - etwa zehntausend Urkunden(texte) erhalten, überwiegend von der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die Urkunde ist der wichtigste Quellentyp der mittelalterlichen Geschichte: Über eine juristisch relevante Angelegenheit in vorgeschriebener Form angefertigtes Schriftstück mit ordnungsgemäßem, exakt definiertem, aus Formeln bestehendem Aufbau. Seine Hauptbestandteile sind: einführender Teil (protocollum, bestehend z.B. aus invocatio, intitulatio, Benennung des Adressaten, arenga), erörternder Teil (contextus, bestehend aus narratio und verfügendem Teil), Schluß (eschatocollum, bestehend z.B. aus der Bestätigungsformel, den Unterschriften und Sanktionen). Das Vorhandensein dieser Teile und ihre Reihenfolge bieten Aufschluß über die einzelnen Urkundengeber und sind wichtig für die Authentizität der Urkunde.
Urkunden wurden in einer bestimmten Form (mit Siegel, Unterschrift oder Chirograph) bestätigt. In Ungarn gibt es den Typ der ordnungsgemäß konzipierten königlichen Urkunde seit der Kanzeleireform unter Béla III. Erhalten bleiben konnten Urkunden in ihrer ursprünglichen Form oder als Abschriften (= beglaubigte mittelalterliche Kopien) bzw. einfache (mittelalterliche oder neuzeitliche) Kopien. Ihr Inhalt kann authentisch, umgestaltet (= interpoliert) oder gefälscht sein. Häufig dienten authentische Urkunden als Muster der gefälschten.
KSz-AZs
Arenga
Formel für das Protokoll (=Einführungsteil) einer Urkunde, welche das Protokoll mit dem Kontext verbindet. Der Inhalt steht im allgemeinen nur in lockerem Zusammenhang mit den in der Urkunde geschilderten Angelegenheiten, meist handelt es sich um eine aus Allgemeinplätzen und Phrasen bestehende prinzipielle Begründung der Urkundenausgabe bzw. der in urkundliche Form gefaßten Angelegenheit. Ihre Formulierung allerdings paßt sich häufig den mittelalterlichen Stilidealen an, mitunter erscheinen in ihrer Ausdrucksweise auch biblische, theologische und Zitate antiker Herkunft.
KSz
Narratio
Erster Abschnitt des Kontextes (= erörternden Teils) einer Urkunde, in welchem der Urkundengeber die Vorgeschichte der in der Urkunde behandelten Angelegenheit, und im Falle einer Schenkungsurkunde auch die Verdienste des Beschenkten, mit denen er die Gunst des Herrscherrs gewann, darlegt. In den Urkunden der Arpadenzeit trägt die Narratio nicht selten Züge eines wahrhaft epischen Werkes, wie beispielsweise im Privilegienbrief von Pannonhalma.
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