Mutterkloster, Bauschaffen der Zisterzienser, Kirche von Bélapátfalva

Bernhard von Clairveaux
König Béla III. 1
Abtei Pilis
Bélapátfalva, Kirche 1
Bélapátfalva, Kirche 2
Mutterkloster

Hauptziel der Gründung des Zisterzienserordens war es, die alte Disziplin im Benediktinerorden wiederherzustellen. Das Mittel dazu fand der Ordensgründer in der organisatorischen Zentralisierung. Neugründungen der Zisterzienser gingen so vor sich, daß ein Mutterkloster eine Gruppe von 12 Mönchen in das neue Kloster entsandte, die im Hinblick auf die Ordensdisziplin dem Abt des Mutterklosters unterstanden. Der an der Spitze der neuen Abtei stehende Abt mußte den Abt des Mutterhauses in regelmäßigen Abständen aufsuchen und dort vor dem Konvent Rechenschaft über die Tätigkeit des neuen Klosters ablegen.

KSZ


Bauschaffen der Zisterzienser

Baukunst des 1098 vom hl. Robert im burgundischen Citeaux (lateinischer Name: Cistercium) gegründeten Ordens der Zisterzienser. Gegenüber der reicheren Gestaltung der vom Benediktinerorden vertretenen romanischen Architektur bauten die Zisterzienser ihre Klöster und Kirchen auf der Grundlage strenger Werkstattraditionen und Regeln einfacher und bescheidener. Merkmale sind die dreischiffige Kirche mit kreuzförmigem Grundriß und ohne Türme. Jedes der Schiffe endet in einem zumeist gerade schließenden Chor, davor mit dem Querschiff. Anstelle der phantastischen Tierornamente des Benediktinerordens verwendeten sie nur Maßwerk oder Pflanzenornamentik. Mehr als 350 Klöster des Ordens gab es in Europa. In Ungarn wurden 17 Abteien, aber auch mehrere Priorate und Nonnenklöster gegründet. Ihre Blüte erlebte die Zisterzienserarchitektur bei uns in der Zeit vor dem Mongolensturm. Das erste ungarische Zisterzienserkloster gründeten von Heiligenkreutz ausgesandte Mönche 1142 in Cikádor (heute Bátaszék). Die Verbreitung des Ordens fällt in die Zeit Bélas III. Viele ihrer Klöster waren bis zum 14. Jahrhundert wieder entvölkert. Die Kirche der Abtei in Bélapátfalva (urspr. Bélháromkút) blieb am unbeschadetsten erhalten. Auch in Ungarn gab es vermutlich eine aus Laien bestehende eigene, von den Mönchen gelenkte Bauhütte des Ordens, die auch für andere Orden tätig wurde (z.B. in Gyulafirátót für die Prämonstratenser, im Mutterkloster des Benediktinerordens in Pannonhalma, in der Altofner Burg der Königinnen). Grundrisse sind uns von den Klöstern in Pilis, Pásztó, Szentgotthárd und Bélapátfalva bekannt, aus Cikádor kennen wir nur den Grundriß der Kirche.

Quelle: László Gerõ. ABC der ungarischen Kunstdenkmäler. Budapest 1984, 40.

Marienkirche der Zisterzienserabtei Bélapátfalva,

zweites Drittel 13. Jahrhundert

Die Trium fontium genannte Zisterzienserabtei Bélháromkút gehörte zu den spätesten Klöstern des Ordens in Ungarn, es wurde vom Erlauer Bischof Kilit 1232 als Familienkloster gegründet. Obwohl man die Umfassungsmauern, laut Zeugnis der Pfeilerkapitelle, rasch errichtet hatte, zog sich der Bau bis in die Jahre nach dem Mongolenüberfall hin. Die Kirche war eine dreischiffige Pfeilerbasilika mit Querschiff, neben dem quadratischen Hauptchor befand sich jeweils ein ähnlich abschließender, kleiner Nebenchor. Es ist anzunehmen, daß in dem südlich der Kirche gelegenen Kloster nur wenige Mönche lebten. Vor ihrer Fassade erhob sich eine Vorhalle, allerdings nur vor dem aus lokalen farbigen (roten und hellgrauen) Steinen erbauten Mittel- und dem südlichen Nebenschiff. Die Existenz der überwölbten Vorhalle haben nicht nur die Konsolsteine der Trägerkonstruktion, sondern auch die Ausgrabung bestätigt.

Durch ihre wunderbare Anpassung an die Landschaft - worauf sich die Zisterzienser besonders verstanden - ist die Kirche noch heute eines der am malerischsten gelegenen romanischen Denkmäler in Ungarn. Ihre knapp gehaltene Gebäudeplastik spiegelt die strenge Disziplin der Ordensarchitektur ebenso wider wie das Fehlen von Türmen und die dem Menschen angepaßten Proportionen bzw. Maßstäbe der Kirche. Sehr wahrscheinlich ist sie ein Werk der Bauhütte, zu der die in den Zisterzienserklöstern lebenden Laienbrüder gehörten.

Quelle: Dezsõ Dercsényi. Romanische Architektur in Ungarn. Budapest 1972, 195. Abb. 111, 113, 114.