29. Drucker und Verleger in Italien vor 1601 und ihre Ortschaften*

La Stampa in Italia nel cinquecento.Roma 1992. 135–167.

In den folgenden wird es von mir versucht über die Drucker und Verleger in Italien vor 1601 und über ihre Wohnorten einen allgemeinen Überblick zu geben. Dazu bietet mein Buch „Clavis“[1] in zwei Bänden eine gute Unterlage. Diese Arbeit war meinerseits eigentlich ein „Versuchskaninchen“ um Erfahrungen zu einer von mir geplanten „Weltclavis“ zu sammeln. Meine Unternehmung ist eigentlich eine Sammlung von den wichtigsten Daten über Drucker und Verleger, die vor 1601 arbeiteten. Es handelt sich um die verschiedenen Namensformen dieser Leute, die in ihren Publikationen, bzw. in der Fachliteratur zu lesen sind. Dazu kommen die Anfangs-, bwz. Schlußjahre ihrer Tätigkeit und die Ortschaft(en), wo sie arbeiteten. Auch die verschiedenen Namensvarianten der Druckorte werden zusammengefaßt.

Als Vorschuss habe ich von dieser „Datenbank” Italien hergestellt. Diese italienische Clavis wurde nach drei Gesichtspunkten geordnet und publiziert:

1. Alphabetisch nach den Namen und nach ihren abweichenden Formen. – 2. Chronologisch: innerhalb einem Jahr nach Druckorten und weiter alphabetisch. – 3. Alphabetisch nach Druckorten: innerhalb einer Stadt chronologisch, wie die einzelnen Personen ihre Tätigkeit dort ausübten.

Dadurch ist es möglich nach allen drei Hauptangaben des Druckimpressums (Ort – Jahr – Drucker/Verleger) eine Übersicht zu bekommen. Bei der Rekonstruktion von fehlenden Impressumsdaten ist es oft möglich diese Lücke mit Hilfe von meiner „Clavis“ zu ergänzen. Wenn z.B. in dem Buch allein der Druckort und das Jahr zu lesen sind, und in dieser Zeit dort nur ein Drucker (Verleger) arbeitete, kann man von dem zweiten Teil ablesen, wie er hieß. In dem Fall; wenn allein die Name der Stadt oder die Jahreszeit fehlt von dem Impressum, so ist es möglich diese Angabe von dem ersten oder von dem dritten Teil der „Clavis“ zu rekonstruieren. Auch unter den verschiedensten Namensformen kann man im ersten Teil die angenommene Namensform finden, die nach einheitlichen Gesichtspunkten gebildet wurden.

Um diesen Haufen von Daten noch übersichtbarer zu machen, schließen sich dazu sechs weitere Listen als Anhang:

1. Die in der Fachliteratur erwähnten, doch von der „Clavis“ bewußt ausgeschlossenen Personen: und zwar a. nach Namen, b. nach Orten. – 2. Ein Verzeichnis aller Vornamen. – 3. Die Aufzählung von Drucker und Verleger, die nur mit nicht lateinischen (armenischen, kyrillischen, griechischen und hebräischen) Lettern arbeiteten. – 4. Eine Zusammenfassung der näheren Ortsangaben innerhalb der Städte. – 5. Eine Liste der Druckorte mit einer Karte. – 6. Ein Verzeichnis der Quellen.

Durch diese ergänzenden Zusammenstellungen kommt man zu weiteren Informationen. Meine „Clavis” zu den Druckern und Verlegern in Italien vor 1601 ist also eigentlich eine Art von Telefonbuch, wo man die benötigten Angaben nach verschiedensten Gesichtspunkten nachschlagen kann.

Das im Laufe der Jahre von mir gesammelte Material habe ich kritisch ausgewertet: die Widersprüche der einzelnen Quellen versuchte ich aufzulösen, bzw. zur Gunst der für mich am wahrscheinlichsten erschienene Daten zu entscheiden. Das geschah meinerseits gewiß nicht fehlerlos, doch bietet des Weiteren einen Ausgangspunkt. Natürlich befinden sich auch die widersprüchlichen und außer Acht gebliebenen Daten in meiner handschriftlichen Sammlung, so ist es möglich die Probleme, die durch Gebrauch von meiner „Clavis” entstehen könnten, mit den Interessenten zu besprechen, bzw. darüber zu korrespondieren. So kann ich dabei auch die Quellen meiner Angaben angeben. Die Korrektionen, bzw. die neuen Daten (z.B. aus der neuesten Fachliteratur) sammele ich auch weiterhin um später eventuell eine zweite, ergänzte und revidierte Ausgabe redigieren zu können. Dabei ist die große italienische Unternehmung zur bibliographischen Registrierung der Druckwerke in Italien aus dem 16. Jahrhundert mir die wichtigste und sicherste Quelle: „Le edizioni italiane del XVI sècolo“ (EDIT). Ihre Bände mit dem Druckerregister ist eine Fundgrube für meine Arbeit. Sehr nützlich ist für mich dazu auch die Bibliographie der italienischen Fachliteratur von Lelia Sereni. Dadurch ist es möglich für mich auch in Ungarn mit der neuesten italienischen Fachliteratur – wenigstens teilweise – Schritt zu halten.

Mit Hilfe meiner „Clavis”  ist mir gelungen eine relativ gute Übersicht über die Drucker und Verleger, bzw. über ihre Verteilung in den einzelnen Ortschaften in Italien zu bekommen. Schon in der Ausarbeitungsphase von meinem Werk habe ich geprobt die Zehntausende von Daten, die ich zusammengesammelt habe, aus mehreren Gesichtspunkten auszuwerten[2]. In den folgenden wird es versucht eine allgemeine Überschau über die Typographie und über dar Verlagswesen von Italien vor 1601 aus verschiedenen Aspekten zu geben. Dabei kann man natürlich viele konkrete Zahlen lesen, die nicht immer unterhaltsam sind, doch war es notwendig die davon abziehbaren Folgerungen damit unterzumauern. Selbstverständlich sind diese Zahlen keineswegs endgültig, doch stehen sie von der theoretischen Vollständigkeit gewiß nicht allzu weit.

Es ist vor allem notwendig zu klären, was man unter den zwei Grundbegriffen, also unter Drucker und unter Verleger in den folgenden versteht. Als Drucker werden die Inhaber der Druckereien betrachtet. Unter Druckerei versteht man hier eine Offizin mit Hochdruckverfahren. Also die Werkstatt eines Kupferstechers, Kupferdruckers, Formschneiders oder Kartenmalers wurden nicht berücksichtigt. Die Namen der Typographen sind meistens an ihren Produkten als Firmenbezeichnung zu lesen. Natürlich waren an der Herstellung von Büchern auch viele andere Personen beteiligt und zwar sowohl mit dem Gehirn, als auch mit der Hand. Denken wir nur an die vielen Humanisten, die die Handschriften, bzw. die Korrekturabzüge berichtigten und dadurch eine sehr wichtige Rolle bei der Ausarbeitung eines guten Textes spielten. Auch andere Leute haben zu der Betreuung des Textes beigetragen. Der eine hat den Text berichtigt (Emendator), der andere hat diesen unter die Presse geordnet. Der eine schrieb zum Buch eine Widmung, der andere ein Vorwort usw. So ist es zu verstehen, daß die Namen der gelehrten Korrektoren in den Publikationen – besonders bei den klassischen Autoren – oft hervorgehoben sind.

In den meisten Offizinen arbeitete eine ganze Reihe von Leuten an der typographischen Herstellung des Buches: Setzer, Drucker, Schriftgießer usw. Faktoren leiteten die Werkstätte, wo auch mehrere Gehilfe, Lehrjunge und Hilfsarbeiter tätig waren. Einige Namen von diesen Leuten tauchen in den Kolophonen alter Druckwerke ab und zu auf. Besonders bei den Schlußzeilen von Bücher, die mit hebräischen Lettern gedruckt waren, wurden alle Mitarbeiter verewigt, die bei der Herstellung des Druckes einen Dienst leisteten: von dem gelehrten Korrektor bis zu dem wassertragenden Jungen. Also von diesen vielen Namen wurden allein die Inhaber (oder Mithaber) der Offizinen berücksichtigt, alle andere aber außer Acht gelassen.

Die Inhaber der Druckereien waren oft gleichzeitig auch Verleger, wenn sie die Publikationen nicht auf Bestellung, sondern auf ihr eigenes Risiko herstellten. So ist z.B. bekannt, daß Gerardus de Lisa (= Geraert van der Leye), der in der Zeit zwischen 1471 und 1498 in Treviso, in Venezia, in Cividale del Friuli und in Udine tätig war, niemals in fremdem Auftrage arbeitete’.[3] Die Veröffentlichung von Kalender gehörte z.B. zu den sichersten und jährlich wiederkehrenden Einnahmequellen der meisten Drucker in den früheren Jahrhunderten. Es ist unmöglich heute festzustellen, welcher Typograph gleichzeitig Verleger war und welcher – wahrscheinlich nur sehr wenige – nicht. So ist es zu erklären, daß man unter dem Begriff „Verleger“ ausschließlich nur die Personen verstand, die selbst keine typographische Werkstatt besaßen und die Bücher berufsmäßig veröffentlichten, die dann in Offizinen von anderen gedruckt waren.

Diese Bestimmung ist ziemlich streng und umschränkt. Dadurch bleiben mehrere Kategorien von Personen außer Acht, die in den Originalwerken, aber auch in den Katalogen der Bibliotheken und sogar in den Drucker-, bzw. in den Verlegerregistern nicht selten lesbar sind. Die meisten von diesen Leuten waren Mäzenen, die also das Geld zur Herstellung des Buches nicht aufgrund von Gewinnsucht, sondern als Unterstützung der Künste, der Wissenschaften oder der Religion gegeben haben. Diese Personen gehörten natürlich zu der wohlhabenden oberen Schicht der Gesellschaft: Hochadligen, hohe Geistlichen, reiche Bürger usw.

Ebenfalls wurden die gelegenheitlichen Besteller von Bücher nicht berücksichtigt. Besonders oft kommt es – sogar bis zu den heutigen Tagen – vor, daß der Autor selbst die Druckkosten übernimmt, das heißt Selbstverlag. Auch die Verwandten oder Freunde des Verfassers konnten einen solchen Dienst leisten. Leitende Persönlichkeiten von weltlichen und kirchlichen Gemeinschaften haben zum Gebrauch ihrer Kommunitäten verschiedene Bücher (z.B. Statuten, Breviere, Missale, usw.) bestellt und bezahlt. Die haben aber diese Tätigkeit weder aus Gewinnsucht noch berufsmäßig ausgeübt. Meistens werden auch solche Leute als Verleger betrachtet, wenn sie als Typographen in ihrem Haus arbeiteten. Es ist aber oft nicht leicht – nicht selten sogar unmöglich – zu unterscheiden, ob hinter der Benennung „in domo“ sich ein Verlagshaus oder ein einfacher Hausbesitzer versteckt.

Nur solche Angaben wurden berücksichtigt, die mit konkreten Druckwerken belegbar sind. Also Versuche um Gründung einer Druckerei, die im archivalischem Material lesbar sind, die aber kaum verwirklicht wurden, blieben auch außer Acht. Es ist oft nicht leicht genau zu differieren, wer genau was für eine Rolle spielte. Die verschiedenen Beschäftigungen mit Büchern (Drucker, Verleger, Buchbinder, Schriftgießer, Buchhändler) hängen schon seit Jahrhunderten miteinander stark zusammen. Nicht selten kann man heute die ganz genaue Tätigkeit von einen oder von den anderen Leuten nicht mehr eindeutig feststellen. In der früheren Zeit war es z.B. ziemlich verbreitet – besonders in Frankreich – daß ein Verleger sich als Drucker der von ihm bestellten Werke ausgab.[4]

Und nun über die Druckorte. Unter Italien versteht man in der „Clavis“ das Gebiet Italiens von heute. Auch für die Benennung der Ortschaften wurden die jetzige amtliche Namensform benützt. Wenn eine kleinere, früher noch selbständige Ortschaft heute durch eine andere Stadt schon einverleibt wurde, kommt sie unter dem heute gültigen Namen vor. Leider warten auch hier nicht wenige Fallen auf die Bibliographen. So z.B, in der Publikation selbst angegebene Stadt war der Wohnort des Verlegers oder des Verfassers, und der Drucker wohnte in einer anderen, nicht angegebenen Ortschaft. Die in dem Druckwerk selbst lesbare Stadt ist kein Wohn-, sondern einfach der Abstammungsort des Druckers, oder aber von dort aus stammt das typographische Material. Wie bei den Druckern (z.B. Grassino Formaggio), so kann man auch bei den Druckorten fingierte Namen finden: Bengodi für London, Bolonia für Genf, Cipadae für Venezia usw.

Nach der obigen Klärung der Grundbegriffe von Druckern, von Verlegern und von Druckorten samt der Vorführung der Erfahrungen, die man bei der Zusammenstellung von der „Clavis” bemerken konnte, ist es nun möglich auf die eigentliche Auswertung überzugehen.

In der Zeit vor 1601 sind insgesamt 151 Orte bekannt, wo auf dem Gebiet Italiens von heute mindestens ein Drucker oder ein Verleger arbeitete. Die Liste dieser Ortschaften – unter ihrer heutigen amtlichen Namensform – mit den ersten und letzten Jahreszahlen der Tätigkeit von diesen Bücherproduzenten lautet wie folgt:

(Nur im Fall, wenn in einer Stadt mindestens in drei nacheinanderfolgenden Jahren die Tätigkeit von keinen einzigen Druckern oder Verlegern registrierbar war, wird eine Unterbrechung in der Chronologie angegeben).

Alessandria

1547–1550, 1578–

Alife

1536

Amandola

1549–1550

Ancona

1512–1543, 1565–1566, 1571–

Arco

1584

Arezzo

1536

Ascoli Piceno

1477, 1496, 1580–1589, 1596–1597

Assisi

1581–1590

Asti

1518–1521, 1534–1541, 1589–

Aversa

1520

Bari

1535

Bergamo

1555–1569, 1578–

Biella

1549–1572, 1585–1586

Bologna

1471–

Borgo Lavezzaro

1543–1546

Brescia

1473–1512, 1516, 1521–

Bressanone

1564–1597

Cagli

1475–1476

Cagliari

1493, 1557–1560, 1566–

Camerino

1523–1524, 1552–

Campagna

1545–1547, 1561–1570

Campli

1593

Capua

1489, 1547

Carmagnola

1497, 1584–

Carpi

1506

Casale Monferrato

1481–1483, 1541–1543, 1595–

Casalmaggiore

1486, 1581–1591

Cascia

1545

Caselle Torinese

1475–1477

Catania

1562–1568

Cesena

1495, 1525–1555, 1560, 1570–

Chieti

1596–

Chivasso

1486, 1529–1533

Città di Castello

1538–1539

Cividale del Friuli

1480

Colle di Val d’Elsa

1478–1479

Collio

1502–1555

Como

1474–1479, 1520–1521, 1581–

Copertino

1583–1591

Cortemaggiore

1502–1505

Cortona

1541, 1545–1546

Cosenza

1475–1479, 1549, 1593–1599

Cremona

1473, 1492–1500, 1505–1528, 1533–1535, 1541, 1546–1550, 1554–

Cuneo

1507–1510

Eboli

1557

Faenza

1476, 1523–1528

Fano

1502–1506, 1514–1517, 1562–1570, 1590–1593, 1598

Farnese

1600–

Fermo

1576–

Ferrara

1471–

Firenze

1471–

Fivizzano

1472–1474

Foligno

1470–1472, 1542–1547, 1562–1567, 1571–1576

Forlì

1495, 1507–1508

Fossombrone

1511–1523

Gaeta

1485–1489

Gallese

1576

Genova

1471–1474, 1480, 1516–1518, 1533–

Iesi

1472–1475, 1595–

Imola

1586–1588

Isola Dovarese

1521

Ivrea

1554, 1584–1587, 1594–1598

L’Aquila

1482–1484, 1493–1494, 1566–1567, 1578–1599

Lecce

1523–1527

Lodi

1583–1586

Loreto

1575, 1580, 1586, 1596

Lucca

1477–1482, 1490–1491, 1523–1524, 1539, 1549–

Macerata

1553–1561, 1571–

Mantova

1471–1481, 1485, 1498, 1507, 1511–1522, 1544–

Matelica

1473

Messaga

1478

Messina

1478–1485, 1497–1502, 1517–1572, 1589–

Milano

1470–

Mirandola

1519–1520

Modena

1474–

Mondovì

1472–1495, 1508–1521, 1564–1575, 1584–1586, 1593–

Monreale

1554, 1582

Montalto di Castro

1586–1590

Napoli

1470–

Nonantola

1480

Novara

1551–

Novi di Modena

1508

Novi Ligure

1483–1484, 1512

Nusco

1545

Ortona

1518–1519

Orvieto

1538–1542, 1573–

Orzinuovi

1496–1497

Osimo

1567–1571

Padova

1471–1487, 1493–1497, 1540–

Palermo

1478, 1503–1504, 1510–

Parma

1472–

Pavia

1473–1525, 1539–1541, 1545–1553, 1560–

Perugia

1471–1482, 1499–

Pesaro

1507–1520, 1529–1537, 1555–

Pescia

1485–1495, 1554–1555

Piacenza

1475, 1483, 1527, 1543–1545, 1551

Pinerolo

1479–1481

Piove di Sacco

1475

Pisa

1482–1485, 1493–1494, 1499

Poppi

1543–1595

Pralboino

1535–1538

Ravenna

1578–1590

Reggio di Calabria

1475

Reggio nell’Emilia

1480–1487, 1494–1508, 1512, 1517, 1541–

Rimini

1511–1512, 1520–1527, 1550–1553, 1561–1562, 1574–

Riva

1556–1566

Roma

1467–

Sabbioneta

1551–1567

Salerno

1543–1553

Salò

1517–1518

Saluzzo

1479–1481, 1499–1507

San Cesario sul Panaro

1499

San Felice del Benaco

1489–1490

San Germano Vercellese

1484

San Gimignano

1510

Santorso

1473–1475

Sarno

1548

Sassuolo

1562

Savigliano

1470–1474, 1596

Savona

1474, 1503, 1512–1514, 1522–1524

Scandiano

1495–1500

Senigallia

1594–1595

Sermide

1502

Siena

1484–1495, 1500–1522, 1571–

Soncino

1483–1495

Spoleto

1543–1546, 1561–1564

Subiaco

1465–1467

Sulmona

1580–1584

Teramo

1589–1591

Tivoli

1578

Todi

1549–1551

Torino

1474–

Torrebelvicino

1478

Tortona

1595–

Toscolano Maderno

1479–1480, 1519–1533, 1538

Trento

1475–1482, 1528, 1559, 1584–

Trevi

1470–1471

Treviso

1471–1485, 1491–1498, 1589–

Trino

1508–1528, 1540–1548, 1560–1578, 1585–1596

Udine

1484–1485, 1577, 1592–

Urbino

1493, 1575–1581, 1585–

Vaglia

1520

Valentano

1558

Varallo

1589–1599

Venezia

1469–

Vercelli

1485, 1530–1534, 1541, 1549, 1560–

Verona

1472, 1476–1491, 1503–1504, 1516–1520, 1528–1532, 1539–1546, 1560–1561, 1570–

Vicenza

1474–1511, 1524–1529, 1575–

Vico Equense

1584–1587, 1592, 1596–1599

Viterbo

1488, 1546, 1568–1573, 1577–

Vittorio Veneto

1600–

Voghera

1486

Für mehr als die Hälfte dieser Orte (77) kann man schon für das 15. Jahrhundert professionelle Drucker nachweisen. Für 54 Ortschaften davon konnte die Arbeitskontinuität auch für die Zeit nach 1500 bewiesen werden, dagegen hörte diese Tätigkeit in 23 Städten (unter anderen in so wichtigen Ortschaften, wie Pisa oder Reggio di Calabria) noch vor 1501 auf. Mit den 74 Städten allein aus dem 16. Jahrhundert gab es also insgesamt 128 Druckorte in dieser Periode im heutigen Italien.

Die Chronologie der Einführung der Buchdruckerkunst bietet das folgende Bild:

1465: Subiaco, 1467: Roma, 1469: Venezia, 1470: Foligno, Milano, Napoli, Savigliano, Trevi, 1471: Bologna, Ferrara, Firenze, Genova, Mantova, Padova, Perugia, Treviso, 1472: Fivizzano, Iesi, Mondovì, Parma, Verona, 1473: Brescia, Cremona, Metalica, Pavia, Santorso, 1474: Como, Modena, Savona, Torino, Vicenza, 1475: Cagli, Caselle Torinese, Cosenza, Piacenza, Piove di Sacco, Reggio di Calabria, Trento, 1476: Faenza, 1477: Ascoli Piceno, Lucca, 1478: Colle di Val d’Elsa, Messaga, Messina, Palermo, Torrebelvicino, 1479: Pinerolo, Saluzzo, Toscolano Maderno, 1480: Cividale del Friuli, Nonantola, Reggio nell’Emilia, 1481: Casale Monferrato, 1482: L’Aquila, Pisa, 1483: Novi Ligure, Soncino, 1484: San Germano Vercellese, Siena, Udine, 1485: Gaeta, Pescia, Vercelli, 1486: Casalmaggiore, Chivasso, Voghera, 1488: Viterbo, 1489: Capua, San Felice del Benaco, 1493: Cagliari, Urbino, 1495: Cesena, Forlì, Scandiano, 1496: Orzinuovi, 1497: Carmagnola, 1499: San Cesario sul Panaro, 1502: Collio, Cortemaggiore, Fano, Sermide, 1506: Carpi, 1507: Cuneo, Pesaro, 1508: Novi di Modena, Trino, 1510: San Gimignano, 1511: Fossombrone, Rimini, 1512: Ancona, 1517: Salò, 1518: Asti, Ortona, 1519: Mirandola, 1520: Aversa, Vaglia, 1521: Isola Dovarese, 1523: Camerino, Lecce, 1535: Bari, Pralboino, 1536: Alife, Arezzo, 1538: Citta di Castello, Orvieto, 1541: Cortona, 1543: Borgo Lavezzaro, Poppi, Salerno, Spoleto, 1545: Campagna, Cascia, Nusco, 1547: Alessandria, 1548: Sarno, 1549: Amandola, Biella, Todi, 1551: Novara, Sabbioneta, 1553: Macerata, 1554: Ivrea, Monreale, 1555: Bergamo, 1556: Riva, 1557: Eboli, 1558: Valentano, 1562: Catania, Sassuolo, 1564: Bressanone, 1567: Osimo, 1575: Loreto, 1576: Gallese, Fermo, 1578: Ravenna, Tivoli, 1580: Copertino, Sulmona, 1581: Assisi, 1583: Lodi, 1584: Arco, Vico Equense, 1586: Imola, Montalto di Castro, 1589: Teramo, Varallo, 1593: Campli, 1594: Senigallia, 1595: Tortona, 1596: Chieti, 1600: Farnese, Vittorio Veneto.

Daraus kann man ein ziemlich klares Bild über die Verbreitung der Buchdruckerkunst in Italien ableiten. In der Zeit von 1469 bis 1486 war diese Entwicklung äußerst kräftig gewesen: in 64 von denn 77 Städten des 15. Jahrhunderts fand in dieser Periode Gutenbergs Erfindung ihre Anwendung. Besonders die siebziger Jahre brachten auf diesem Gebiet einen stürmischen Erfolg. Das letzte Jahrzehnt war dann ebenso ruhig, wie das ganze 16. Jahrhundert, in dem nur die vierziger Jahre – mit 13 neuen Ortschaften – etwas bewegt waren. Auffallend ist die verhältnismäßig große Lücke zwischen 1524–1534 in der Ausbreitung der Typographie in Italien, in der keine neue Ortschaft die Buchdruckerkunst eingeführt hatte.

Parallel dazu kann man die Zahl der Druckorte in einem bestimmten Jahr untersuchen. Auch hier ist die Entwicklung in den ersten Jahren äußerst rasch: 1469: 2, 1470: 7, 1471: 14, 1472: 19, 1473: 23, 1474: 26, 1475: 29. Von diesem Jahr an ist aber ein erkennbarer Rückfall mit einem Tiefpunkt von nur 18 Ortschaften im Jahre 1491 zu beobachten. Die Höchstzahl mit 29 Druckorten von 1475 wird wiederum erst im Jahre 1520 mit 31 überschritten, aber in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lag die Zahl fast immer darüber. Die Zahl 40 wurde im Jahre 1566 erreicht und stieg im Jahre 1584 sprunghaft auf 54 an. Den Höhepunkt bildet 1596 mit insgesamt 60 Städten.

Es ist bemerkenswert, wie verschieden lang an einzelnen Orten die Druckkunst ausgeübt wurde. In zehn Städten finden wir den Buchdruck seit Einführung an einem Ort ununterbrochen (mit der Zahl des DruckJahres vor 1601): 1. Roma (134), 2. Venezia (132), 3. Milano und Napoli (131), 5. Bologna, Ferrara und Firenze (130), B. Parma (129), 9. Modena und Torino (127). Die weiteren 19 Ortschaften hatten eine oder mehrere, länger als drei Jahre dauernde Unterbrechungen im Verlauf ihres Buchdrucks vor 1601 erlitten: 11. Brescia (121), 12. Perugia (114), 13. Pavia (109), 14. Palermo (94), 15. Siena (93), 16. Cremona (90), 17. Reggio nell’Emilia (89), 18. Padova (84), 19. Mantova und Messina (81), 21. Vicenza (70), 22. Ancona (69), 23. Mondovì, Pesaro und Trino (67), 26. Cesena (64), 27. Lucca (63), 28. Verona (59), 29. Genova (56). Von hier an wechseln sich die Städte von ununterbrochenen und unterbrochenen Drucktätigkeit ab: 30. Collio (54), 31. Poppi (53), 32. Camerino (51), 33. Novara (50), 34. Trento und Vercelli {47), 36. Rimini (43), 37. Bergamo und Cagliari (40), 39. Macerata (39), 40. Viterbo (35), 41. Bressanone und Treviso (34), 43. Orvieto (33), 44. Alessandria und Como (27), 46. Biella (26), 47. Fano, Fermo und L’Aquila (35), 50. Asti und Urbino (24), 52. Ravenna (23), 53. Foligno (21), 54. Carmagnola und Toscolano Maderno (18), 56. Sabbioneta (17), 57. Cosenza und Vico Equense (15), 59. Ascoli Piceno { 14) . Die weiteren 92 Ortschaften hatten vor 1601 nur 13 oder weniger Jahre wenigstens eine Druckerei auf ihrem Gebiet: davon nicht weniger als 32 nur ein Jahr, 13 zwei und 12 drei Jahre lang.

Wenn man auch die Unterbrechung von drei Jahren vor 1601 in Betracht zieht und die oben summierte Dauer der Drucktätigkeit durch die Zahl der so entstandenen, kürzeren Perioden dividiert, bekommt man die Durchschnittslänge der kontinuierlichen Zeitabschnitte. Nach diesem Prinzip geordnet folgen die weiteren Städte den ersten zehn ununterbrochen tätigen Druckorten in dieser Reihe: 11. Perugia (57), 12. Collio (54), 13. Poppi (53), 14. Novara (50), 15. Brescia (40), 16. Pavia (36), 17. Ancona (36), 18. Bressanone (34), 19. Palermo und Siena (31), 21. Padova (28), 22. Camerino (26), 23. Fermo (25), 24. Vicenza (23), 25. Pesaro und Trino (22), 27. Bergamo und Macerata (20), 29. Mondovì (19). (Dabei hatten die folgenden Städte keine Unterbrechung zu verzeichnen: Collio, Poppi, Novara, Bressanone und Fermo).

Die Zahl der Perioden, die durch Unterbrechung von mehr als drei Jahren vor 1601 in einem Ort entstanden, ergibt folgende Liste: Mit 8 Perioden führt Verona, es folgen Cremona (7) und Mantova (6), 5: Fano, Lucca, Piacenza, Reggio nell’Emilia, Rimini, Vercelli – 4: Ascoli Piceno, Cesena, Foligno, Genova, L’Aquila, Loreto, Messina, Mondovì, Savona – 3: Asti, Brescia, Cagliari, Casale Monferrato, Como, Cosenza, Ivrea, Padova, Palermo, Pavia, Pesaro, Pisa, Siena, Toscolano Maderno, Trento, Treviso, Trino, Udine, Urbino, Vicenza, Viterbo. Weitere 22 Ortschaften hatten eine Unterbrechung von zwei Perioden. Aus vorstehenden Aufstellungen läßt sich eindeutig ablesen, daß außer den zehn „stabilen” Druckorten keine weiteren Städte die Kontinuität ihres Druckwerkes vor 1601 länger behaupten konnten. Besonders drei berühmte Städte (Verona, Cremona und Mantova) hatten dabei offensichtlich stets Schwierigkeiten gehabt.

Es lohnt sich auch die Gründungsmotive der Typographie in der einzelnen Orten festzustellen. Dazu wurden außer der „Clavis“ noch andere Quellen in Anspruch genommen. Natürlich florierten Druckereien in jeden Städten, wo die wichtigsten Bedingungen zur Buchherstellung und Verkauf, also Kapital, Unternehmungslust und Markt im notwendigen Mass vorhanden waren. Insgesamt sind zehn schon erwähnte Städte, wohin die Buchdruckerkunst schon früh – also in der großen Periode zwischen 1467 und 1474 – eingeführt wurde und wo sie dort seit dieser Zeit ununterbrochen arbeitet: Roma (1467), Venezia (1469), Milano (1470), Napoli (1470), Bologna (1471), Ferrara (1471), Firenze (1471), Parma (1472), Modena (1474) und Torino (1474). Hier muß man nicht nach besonderen Motiven suchen, warum dort die Typographie sich einbürgerte. Es ist aber auch recht interessant, wenn man die Ortschaften unter die Lupe nimmt, wo die Buchdruckerkunst entweder nur ganz kurz tätig war, oder mehrmals errichtet wurde. Von der bekannten oder angenommenen Gründungsmotiven sind einige ganz charakteristisch.

Auffallend viele Ortschaften sind Druckorte geworden vor allem noch in den siebzigen Jahren des 15. Jahrhunderts, wo die Papierherstellung schon damals wohlbekannt und hoch entwickelt war: Savigliano (1470), Foligno (1470), Santorso (1473), Caselle Torinese (1475), Faenza (1476), Colle di Val d’Elsa (1478), Toscolano Maderno (1479), Pinerolo (1479), Cividale del Friuli (1480), Forlì (1495), Cuneo (1507). Die Typographen haben früh erkannt, daß sie das meiste Geld für das Papier ausgeben mußten, so haben sich offensichtlich bemüht dieses Grundmaterial möglichst am billigsten einzukaufen. Dazu war eine ziemlich primitive, doch gewiß lockernde Lösung in der Nähe von Papiermühlen zu arbeiten. Doch waren alle diese Druckorte kurzlebig. Die Drucker mußten einsehen, daß der Verkaufsmarkt und die Bestellungen wichtiger sind, als das etwas billigere Papier. In der späteren Zeit verschwand also das Papier als Gründungsmotive.

In der Zeit der Pestepidemie flüchteten mehrere Drucker 1479 aus Venezia in die nun erwähnten „Papierstädte”:Toscolano Maderno und Pinerolo. Auch in anderen Fällen mußten sich die Typographen nicht selten in eine andere Ortschaft übersiedeln, wenn dieser apokalyptische Ritter, die Pestilenz tobte: so im Jahre 1472 von Genova nach Mondovì, oder im Jahre 1486 von Soncino nach Casalmaggiore. Gewiß bestimmte die Furcht von der Epidemie eher die Flucht aus dem früheren Ort, als die Ansiedlung in die neue Ortschaft, doch als Übersiedlungsmotive ist sie eindeutig und klar.

Für die Ansiedlung der Typographie haben die Städte fast überall und Jahrhunderte lang bedeutende Anstrengungen ausgeübt. Heute würden wir sagen: es war damals eine Art von Statussymbol eine Druckerei in der Stadt vorweisen zu können. So schlug z.B. der Schriftsteller Antonio Francesco Doni der Stadt Ancona im Jahre 1558 vor: „... condurra una stampa non mediocre ma vera e degna per dar fama ad utile ad una tanto antica e nobile città... di scrivere colgare le nostre istorie...”[5]. Dazu bot die Stadt Bergamo wahrscheinlich ein gutes Beispiel, wo eben die Chronik der Stadt zu. den ersten Produkten der neu angebürgerten Typographie im Jahre 1555 war. Aber waren ab und zu auch Gegenmeinungen in der Angelegenheit der Ansiedlung der Buchdruckerkunst innerhalb einer Stadt zu finden. Besonders in den ersten Jahren der neuen Erfindung protestierten einige Gruppen – z.B. die Buchschreiber von Genova in Mai 1472 – dagegen.

Doch boten die Kommunen von Anfang an die verschiedensten Vorteile den Typographen, die dazu bereit waren sich in einer Stadt anzusiedeln. Tivoli erlaubte z.B. dem Drucker 1578 das Wappen der Stadt zu brauchen. So haben z.B. die Städte Capua (1547) und Campli (1593) 30 Dukate dafür gegeben. Bergamo zahlte (1576) 100 Dukate zur Anschaffung von Lettern. Udine leistete (1592) neben 100 Dukate auch noch ein Quartier.

In den meisten Fällen war das allererste Erwarten einer Stadt den Typographen gegenüber die Herstellung der städtischen Statuten. Ohne eine Bestrebung auf die Vollständigkeit[6] sollen hier nur zum Beispiel eine Reihe von Ortschaften stehen – aufgrund der schon erwähnten Lexikon von Fumagalli – wo die typographische Tätigkeit, die oft nur ganz kurz war, gleich in dem ersten Jahr mit der Herstellung der städtischen Statute anfing: Brescia (1473), Messina (1478), Palermo (1478), Ascoli, Piceno (1496); Trento (1528), Chivasso (1529), Arezzo (1536), Città di Castello (1538), Orvieto (1538), Foligno (1542), Spoleto (1543), Cascia (1545), Amandola (1549), Todi (1549), Macerata (1553), Sassuolo (1562), Gallese (1576), Lodi (1583), Imola (1586), Montalto di Castro (1586). Also handelt es sich hier um ein ganz stark geprägtes Gründungsmotiv, was man für eine längere Periode und überall in Italien beobachten kann. Diese Behauptung wird durch weitere Statuten bestätigt, die nicht für eine Stadt, sondern für eine größere Region gültig waren: z.B. Udine (1484) für Friuli, Lucca (1490, 1539) für die Republik, Messina (1497) für Sizilien, Valentano (1558) für die Region.

Parallel mit den Städten ist die Bemühung auch bei der Kirche zu beobachten um eine Druckerei zur Herstellung von wichtigen Texten von einer Gemeinschaft zu gewinnen. So ließ der Zisterzienserorden in seinem Kloster von San Germano Vercellese im Jahre 1484 sein Brevier mit einer neu gegründeten Offizin drucken. Ähnlich haben sich auch die (Erz)Bischöfe von Capua (1489) und Como (1520) benommen um das Brevier ihrer eigenen (Erz)Diözese in gedruckter Form zu haben. Der Kamaldulenserorden ließ im Jahre 1520 einen Typograph aus Firenze nach Fontebuona übersiedeln um die Ordensregel mit ihm drucken zu lassen. Die Dekreten der Diözesansynode waren das Gründungsmotiv der Typographie in Monreale (1554) und in Macerata (1571). Man kann also behaupten, daß zur Gründung einer Druckerei in einer Ortschaft, wo sonst kein Typograph arbeitete, die Herstellung von weltlichen und kirchlichen Rechtsammlungen ein besonders starkes Motiv war.

Bei der Entstehung neuer Druckorte spielte der Wunsch eines Verfassers nicht selten eine wesentliche Rolle um sein Werk in gedruckter Form zu bekommen. Natürlich ist es oft heute nachträglich kaum mehr feststellbar, ob ein Schriftsteller eines neu gegründeten Druckortes (z.B. Francesco Garrone in Asti (1518), Marino d’Alessandria in Sulmona (1580)) darum publizierte, weil ein Typograph in der Stadt eben anwesend war, oder hat er sich für die Übersiedlung schon früher bemüht. In mehreren Fällen kann man aber eindeutig klären, daß der Autor bei der Niederlassung der Buchdruckerkunst aktiv mitwirkte. So wissen wir z.B., daß Luca Prassici den Typograf Antonio Frezza aus Neapel deswegen zu ihm nach Aversa (1520) übersiedelte um die typographische Arbeit seines Textes unter persönlichen Kontrolle zu haben. Der Jurist Niccolò Tigrino ließ den Drucker aus Siena in sein Landhaus von Nozzano (unweit von Lucca) 1491 ansiedeln um seine Werke auf seine eigene Kosten in gedruckter Form zu bekommen. Auch Giovanni Francesco Pico de la Mirandola ließ einen Typograph aus Venezia (1519) nach seinem Heimatort übersiedeln um dort seine Werke drucken zu lassen. Ähnlich hat sich der Humanist Gaudenzio Merola in seiner Geburtsstadt Borgo Lavezzaro (1543–1546) benommen.

Aber nicht nur weltliche Gelehrte, sondern auch kirchliche Persönlichkeiten ließen die Typographie in ihre Wohnsitze übersiedeln. So arbeitet eine Druckerei in der Bucht von Salö am Gardasee 1517–1518 auf der Familieninsel von Francesco Lecchi, wo dieser Franziskaner ein Kloster bauen ließ. Hier hielt er in der Theologieschule seine Vorlesungen. Seine Texte dazu wurden in dieser Offizin hergestellt. Oder ein anderes Beispiel: Kardinal Clemente Dolera lud einen Drucker aus Rom (1562) nach Foligno ein um dort in seinem bischöflichen Palais seine Werke drucken zu lassen.

Nicht weit von den obigen Zielsetzungen lagen auch die Bemühungen von Grafen Pietro Cara, als er den Typograph von Vercelli erwarb, um in Chivasso das berühmte Werk seines Freundes und Landsmannes, Angelus de Clavasio, die „Summa angelica” zum ersten Mal herstellen zu lassen. Das war also eine Geste eines Freundes und Mäzens. Eine ganze Reihe von weiteren Mäzenen kann man aufzählen, die die Drucker mit ihren materiellen Unterstützungen an sich lockten. Der päpstliche Münzmeister, Emiliano Orfini gehörte zu den Leuten, die von der „Kunst des künstlichen Schreibens” am frühestens begeistert waren. Dadurch ist die auffallend frühe Gründung der Typographie im Jahre 1470 in Foligno zu erklären. Und nun eine kurze Aufzählung von Mäzenen, die zur Gründung eines neuen Druckortes „verantwortlich” sind: 1475 Ottaviano, Herzog von Urbino in Cagli, 1493 die Familie Galli in Urbino, 1495 die Grafen von Boiardo in Scandiano,[7] 1499 Graf Albertino Boschetti in San Cesario sul Panaro, 1502 Rolando Pallavicinos, in Cortemaggiore, 1535 Graf Giovanni Francesco Gambara in Prato Alboino, 1600 der Herzog Farnese in Farnese usw.

Der bekannteste jüdische Frühdrucker in Italien, Geršom ben Moše Soncino (= Girolamo Soncino) konnte seine typographische Tätigkeit in den Jahren 1496–1497 im gräflichen Schloss der Familie Martinengo von Barco (= Orzinuovi) vorübergehend ausüben, doch mußte der Typograph wegen der amtlichen Verfolgung der Juden bald nach Fano weiterflüchten. Überhaupt konnten die jüdischen Drucker die Ortschaft ihrer Tätigkeit nicht immer frei wählen: entweder siedelten sie sich an, wo eine größere jüdische Gemeinde (z.B. 1475 Reggio di Calabria), oder wo ein großzügiger Magnat, bzw. eine solche Stadt ihnen – wenigstens vorübergehend – ein sicheres Asyl angeboten haben.

Auch die Universitäten lockten fast ausnahmslos die Typographen schon früh an sich: die Professoren mit ihren eigenen Werken, die Texte der Vorlesungen, die Prüfungsthesen usw. boten ihnen einen fast Dauerauftrag. So ist es also nicht zu wundern, wenn man in den wichtigsten Universitätsstädten die Typographie meistens fest angesiedelt war. Aber auch eine spätere Neugründung oder Übersiedlung der Universität gab Anlass eine Druckerei zu errichten. Das geschah z.B. in Mondovì, wohin sich die Typographie kurz nach der Inauguration der Universität (1562) ansiedelte (1564).

Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Entstehung eines neuen Druckortes war die Neigung, daß der Typograph in seiner Heimatstadt arbeiten wollte. Man kann eine ganze Reinhe von Beispielen dafür vorführen. Zu den frühesten gehörten der Adlige Cristoforo de’ Beggiami (ca 1470) in Savigliano, Pietro Adamo de’ Micheli (1471) in Mantova, Giovanni da Verona (1472) der Urtypograph von Verona, oder Baldassare Cordero (1472–1473) in Mondovì. Aber auch in den späteren Jahren gründeten mehrere Leute und Familien eine Druckerei, womit sie nur in ihren Geburtstädten arbeiteten: Domenico (1476–1481), Lorenzo (1484–1495) und Stefano (ca 1487) Vivaldi in Mondovì, Bartolomeo und Lorenzo Bruschi (1480) in Reggio nell’Emilia, Vincenzo Berruerio (1508–1512) in Mondovì, Giacomo (1540–1548) und Giovanni Matteo (1565) Portonari in Trino, Giovanni Simone (1542–1547) und Vicenzo (1542–1547, 1563–1567, 1571–1576) Cantagalli in Foligno, Vincenzo Busdrago (1549–1605) in Lucca, Antonio (1552–1577) und Francesco Gioioso (1577–1625 ) in Camerino, Sebastiano Martellini (15711607) in Macerata.

Man kann auch Beispiele für Drucker finden die ihre typographische Karriere in einer fremden Ortschaft angefangen haben und zu Hause endeten: Ottaviano Petrucci, der berühmte Notendrucker war früher (1501–1509) in Venezia und später in seiner Geburtssadt Fossombrone (1511–1523), Bartolomeo Gucci nach seiner Tätigkeit in Firenze (1535–1537) und in Città di Castello (1538–1539) zu Hause in Cortona (1541), oder Giovanni Domenico Nibbio am Anfang (1557 ) in Eboli und in Napoli (1558), dann (1561–1570) zu Hause in Campagna druckten. Umgekehrt war es mit Giacomo Fivizzano: er arbeitete zuerst (1472) mit seinen Mitbürgen Alessandro und Battista zu Hause in Fivizzano, dann später (1476–1477) in Venezia. Auch Giacomino Suigo hat seine Tätigkeit zu Hause in San Germano Vercellese (1481) angefangen. Ähnlich schaut es mit Francesco Tebaldini aus, der nach seiner Arbeit (1567–1569) in seiner Geburtsstädt Osimo, später (1579–1590) in Ravenna druckte.

Einige Typographen, die ihre Tätigkeit in mehreren Ortschaften ausübten, tauchten unter anderen auch in ihrer Heimatstadt auf. So war es mit Dionigi Paravicino, der zwischen Cremona (1473) und Milano (1476–1478) auch zu Hause in Como (1474), oder Niccolò Girardengo, der nach Venezia (1478) und Pavia (1482–1483), bzw. vor Venezia (1488–1490) auch in seiner Heimat Novi Ligure (1483–1484) arbeitete. Andere Typographen suchten mehrere Städte im Laufe ihrer Tätigkeit auf, unter anderen auch ihre Geburtsstadt: Benedetto Dolcibelli (1506) Carpi oder Niccolò Gucci sogar zweimal (1541, 1545–1546) Cortona.

Man kann zur Errichtung eines neuen Druckortes natürlich noch weitere Motiven finden. So z.B. der Jurist Giuseppe Cumia in Catania, der seine Werke in seinem Haus in seiner eigenen Offizin mit Hilfe seiner Familienangehörigen in den Jahren 1562–1568 eigenhändig herstellte. Die wichtigsten Bewegungskräfte wurden aber oben schon behandelt. So ist es schon möglich auf die geographische Verteilung der Druckorte in Italien vor 1601 zu kommen.

In der territorialen Verbreitung des Buchdruckes ist eine ganz eindeutige Grenze südlich von Rom zu beobachten. Diese Linie teilt gleichzeitig Italien (inbegriffen Sardinien und Sizilien) theoretisch in zwei fast gleichgroße Gebiete auf. Wenn man die beiden miteinander vergleicht, so ist ein starker Kontrast in jeder Hinsicht spürbar. Von den 151 Druckorten befinden sich nicht weniger als 130 (86%) im Norden und nur 21 (14 %) im Süden. Wenn man Italien mit einem Breitengrad so teilen möchte, daß gleichzählige Druckorte nördlich und südlich davon befinden, so zieht sich diese Linie im 15. Jahrhundert über die Städte Trino Pavia (45.12 Grad). Die gleiche im 16. Jahrhundert läuft etwas südlicher davon und zwar über Pescia-Pesaro (43.54 Grad). In der zusammengefaßten Periode von 1465 bis 1600 legt man diese theoretische Linie auf die Landkarte von Italien über Ravenna – Genova (44.25 Grad), also immer wesentlich nördlicher, als die geographische Halbierungslinie zwischen Brenner (47.01 Grad) und Portopalo in Sizilien (36.41 Grad), bzw. Lampedusa (35.30 Grad) südlich von Rom etwa bei Foggia (41.28 Grad).

Die Durchschnittslänge der Drucktätigkeit vor 1601 in den einzelnen Ortschaften beträgt in ganz Italien 27.4 Jahre, im Norden 28.5, im Süden aber nur 20.4 Jahre. Aus diesem, etwas niedrigeren Wert ergibt sich, daß die ziemlich isolierten, großen Inseln (Sizilien und Sardinien) in dieser Hinsicht eine Sonderstellung einnehmen. Wahrscheinlich war hier die zwar beschränkte, aber doch spürbare Bestrebung nach Autarkie dafür ausschlaggebend, daß die Druckorte auf den Inseln wesentlich länger arbeiteten als in Süditalien, aber auch durchschnittlich länger als in Norditalien. In Sizilien weisen vier Städte (Palermo, Monreale, Messina und Catania) eine Durchschnittslänge von nicht weniger als 46 Jahren auf, ebenso Cagliari, die einzige Stadt Sardiniens, 40 Jahre. Wenn man diese zwei Inseln wegen ihrer Sonderstellung außer Betracht läßt, so beträgt der Durchschnitt im Süden nur 13 Jahre. Hier dominierte Neapel ganz eindeutig. Am schlimmsten sieht die Situation im Süden aus, wenn man auch Neapel ausschließt. In diesem Fall kommt der von uns errechnete Durchschnitt bei den 15 Druckorten nur auf 3.8. So ist eindeutig festzustellen, daß allein Neapel auf dem südlichen Teil der Apenninenhalbinsel als ein ständiger Druckort vor 1601 gelten konnte.

Diese krasse Diskrepanz zwischen Norden und Süden von Italien kann man auch von anderem Gesichtspunkt aus deuten. Es gibt hier wichtige Städte (heute mit mehr als 70 000 Einwohnern), in denen die Buchdruckerkunst vor 1601 nur vorübergehend (also weniger als zehn Jahre lang) und dadurch eine auffallend untergeordnete Rolle spielte. Von den 151 Ortschaften sind es zehn: fünf im Norden (Arezzo, Forlì, Piacenza, Pisa und Savona) und fünf im Süden (Bari, Catania, Lecce, Reggio di Calabria und Salerno). Diese, vom Standpunkt des Buchdruckes unerwarteterweise unbedeutenden Städte machen im Norden ein Verhältnis von 3.8% aus, dagegen im Süden nicht weniger als 24% aller Druckorte. Auch das ist ein klarer Beweis für die in dieser Hinsicht zu beobachtende starke Rückständigkeit des Südens Norditalien gegenüber.

Nach den Druckorten soll man sich nun mit den Typographen und Verlegern von Italien vor 1601 beschäftigen. Auch hier ist es nützlich einen statistischen Überblick nach Druckorten mit der Zahl der erwähnten Buchproduzenten zu geben. Bei jedem Ort sind vier Rubriken zu finden: 1. Gesamtzahl der Drucker und Verleger vor 1601, 2. Zahl der Personen, die nur im 15. Jahrhundert, 3. die in beiden Jahrhunderten, 4. die nur im 16. Jahrhundert tätig gewesen sind.

Alessandria

3

3

Alife

1

1

Amandola

1

1

Ancona

9

9

Arco

1

1

Arezzo

1

1

Ascoli Piceno

6

2

4

Assisi

1

1

Asti

9

9

Aversa

1

1

Bari

1

1

Bergamo

5

5

Biella

3

3

Bologna

119

50

8

61

Borgo Lavezzaro

1

1

Brescia

55

16

4

35

Bressanone

1

1

Cagli

2

2

Cagliari

9

1

8

Camerino

5

5

Campagna

3

3

Campli

2

2

Capua

2

1

1

Carmagnola

3

1

2

Carpi

2

2

Casale Monferrato

5

3

2

Casalmaggiore

5

1

4

Cascia

1

1

Caselle Torinese

1

1

Catania

2

2

Cesena

8

2

6

Chieti

4

4

Chivasso

2

1

1

Città di Castello

5

5

Cividale del Friuli

1

1

Colle di Val d’Elsa

2

2

Collio

4

4

Como

6

3

3

Copertino

1

1

Cortemaggiore

1

1

Cortona

3

3

Cosenza

6

1

5

Cremona

25

7

18

Cuneo

3

3

Eboli

2

2

Faenza

3

2

1

Fano

5

5

Farnese

1

1

Fermo

5

5

Ferrara

50

10

1

39

Firenze

119

34

6

79

Fivizzano

3

3

Foligno

8

3

5

Forlì

3

1

2

Fossombrone

1

1

Gaeta

2

2

Gallese

1

1

Genova

18

6

12

Iesi

2

1

1

Imola

3

3

Isola Dovarese

1

1

Ivrea

6

6

L’Aquila

16

9

7

Lecce

2

2

Lodi

2

2

Loreto

3

3

Lucca

17

6

11

Macerata

2

2

Mantova

39

15

24

Matelica

3

3

Messaga

1

1

Messina

24

8

1

15

Milano

201

73

16

112

Mirandola

1

1

Modena

27

14

1

12

Mondovì

17

5

12

Monreale

2

2

Montalto di Castro

1

1

Napoli

130

46

84

Nonantola

2

2

Novara

8

8

Novi di Modena

1

1

Novi Ligure

2

1

1

Nusco

1

1

Ortona

1

1

Orvieto

9

9

Orzinuovi

1

1

Osimo

2

2

Padova

66

26

40

Palermo

24

1

23

Parma

24

9

2

13

Pavia

63

29

10

24

Perugia

44

14

1

29

Pesaro

14

14

Pescia

10

9

1

Piacenza

15

2

13

Pinerolo

1

1

Piove di Sacco

1

1

Pisa

6

6

Poppi

1

1

Pralboino

1

1

Ravenna

10

10

Reggio di Calabria

1

1

Reggio nell’Emilia

25

9

3

13

Rimini

11

11

Riva

3

3

Roma

235

55

3

177

Sabbioneta

6

6

Salerno

4

 

4

Salò

3

3

Saluzzo

6

2

1

3

San Cesario sul Panaro

1

1

San Felice del Benaco

2

2

San Germano Vercellese

1

1

San Gimignano

1

1

Santorso

2

2

Sarno

2

2

Sassuolo

1

1

Savigliano

3

2

1

Savona

5

1

4

Scandiano

2

2

Senigallia

1

1

Sermide

1

1

Siena

28

8

20

Soncino

5

5

Spoleto

3

3

Subiaco

2

2

Sulmona

1

1

Teramo

2

2

Tivoli

1

1

Todi

1

1

Torino

69

4

2

63

Torrebelvicino

1

1

Tortona

1

1

Toscolano Maderno

4

2

2

Trento

9

3

6

Trevi

1

1

Treviso

19

13

6

Trino

14

14

Udine

3

1

2

Urbino

10

1

9

Vaglia

1

1

Valentano

1

1

Varallo

2

2

Venezia

925

245

41

639

Vercelli

14

1

13

Verona

42

12

30

Vicenza

28

13

1

1

Vico Equense

6

6

Viterbo

4

1

3

Vittorio Veneto

1

1

Voghera

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Italia sine loco

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In den 151 Städten (und in Italien ohne nähere Ortsangaben) wurden insgesamt 2894 Drucker und Verleger von meinem Clavis aus der Periode vor 1601 registriert. (Als Drucker wurden auch die anonymen Offizinen gewertet, die für das 15. Jahrhundert ledeglich durch Typenuntersuchungen festgestellt werden konnten. Die Zahl dieser Druckereien macht 150 aus, davon sind 31 ohne Ortsangaben). So entsteht ein Durchschnitt von 19 Druckern und Verlegern für eine Stadt. Diese Zahl erreichen nur 24 Orte: Venezia 925, Roma 235, Milano 201, Napoli 130, Bologna und Firenze 119, Torino 69, Padova 66, Pavia 63, Brescia 55, Ferrara 50, Perugia 44, Verona 42, Mantova 39, Italia s.l. 31, Siena und Vicenza 28, Modena 27, Cremona, Reggio nell’Emilia 25, Messina, Palermo und Parma 24, Treviso 19. Die anderen 128 Orte liegen unter diesem Durchschnitt: Genova 18, Lucca und Mondovì 17, L’Aquila 16, Piacenza 15, Pesaro, Trino und Vercelli 14, Rimini 11, Pescia, Ravenna und Urbino 10, Ancona, Asti, Cagliari, Orvieto und Trento 9, Cesena, Foligno und Novara 8, Ascoli Piceno, Como, Cosenza, Ivrea, Pisa, Sabbioneta, Saluzzo und Vico Equense 6, Bergamo, Camerino, Casale Monferrato, Casalmaggiore, Città di Castello, Fano, Fermo, Savona und Soncino 5, Chieti, Collio, Salerno, Toscolano Maderno und Viterbo 4, Alessandria, Biella, Campagna, Carmagnola, Cortona, Cuneo, Faenza, Fivizzano, Forli, Imola, Loreto, Matelica, Riva, Salò, Savigliano, Spoleto und Udine 3, Cagli, Campli, Capua, Carpi, Catania, Chivasso, Colle di Val d’Elsa, Eboli, Gaeta, Iesi, Lecce, Lodi, Macerata; Monreale, Nonantola, Novi Ligure, Osimo, San Felice del Benaco, Santorso, Sarno, Scandiano, Subiaco, Teramo und Varallo 2, Alife, Amandola, Arco, Arezzo, Assisi; Aversa, Bari, Borgo Lavezzaro, Bressanone, Cascia, Caselle Torinese, Cividale del Friuli, Copertino, Cortemaggiore, Farnese, Fossombrone, Gallese, Isola Dovarese, Messaga, Mirandola, Montalto di Castro, Novi di Modem, Nusco, Ortona, Orzinuovi, Pinerolo, Piove di Sacco, Poppi, Pralboino, Reggio di Calabria, San Cesario sul Panaro, San Germano Vercellese, San Gimignano, Sassuolo, Senigallia, Sermide, Sulmona, Tivoli, Todi, Torrebelvicino, Tortona, Trevi, Vaglia, Valentano, Vittorio Veneto und Voghera 1. In 46 Orten war also nur eine Person tätig, in 24 und 17 weiteren nur je zwei bzw. drei. Diese 87 Städte, in welchen also drei oder weniger Buchproduzenten arbeiteten, machen weit über die Hälfte der Druckorte in Italien vor 1601 aus.

Wenn man die obigen Zahlen in Prozent ausdrückt, so ergibt sich, daß 32 Prozent aller Drucker und Verleger ihre Tätigkeit in Venedig ausübten. Die anderen Städte, die mehr Buchproduzenten als der Durchschnitt hatten, haben den folgenden Anteil: Roma 8.1, Milano 6.8, Napoli 4.5, Bologna und Firenze 4, Torino 2.4, Padova 2.3, Pavia 2.2, Brescia 1.9, Ferrara 1.7, Perugia und Verona 1.5, Mantova 1.4, Siena und Italia s.l. 1.1, Vicenza 1.0, Modena, Reggio nell’Emilia und Siena 0.9, Cremona, Messina, Palermo und Parma 0.8, Treviso 0.7 Prozent. Diese 24 führenden Orte machen also 83 Prozent aus, alle anderen 128 insgesamt nur 17 Prozente. Noch besser ist die Konzentration der Buchproduzenten zu beobachten, wenn man nur die ersten sechs Städte nimmt: allein Venezia, Roma, Milano, Napoli, Bologna und Firenze haben 59.4 Prozent.

Den Kontrast zwischen Nord und Süd kann man – parallel mit den Druckorten von oben – auch in der Zahl der Buchdrucker und Verleger beobachten. In den 21 Städten südlich von Rom waren insgesamt nur 216 Buchproduzenten vor 1601 (also 7.5 Prozent) tätig. Das macht einen Durchschnitt von 10.3 für eine Stadt im Süden aus. In den 130 Druckorten im Norden arbeiteten dagegen 2647 (also 92.5 Prozent) Offizinen bzw. Firmen. Der Durchschnitt ist hier 20.3 Prozent, also doppelt so viel wie im Süden. Wenn man auch in diesem Fall Italien mit einem Breitengrad theoretisch halbieren möchte um davon nördlich und südlich gleichzählige Drucker und Verleger zu haben, so zieht sich diese Linie im 15. Jahrhundert über die Städte Parma-Carpi (44.47 Grad) und im 16. Jahrhundert etwas nördlicher davon über Torino (45.04 Grad). In der zusammengefaßten Periode von 1465 bis 1600 – wegen der starken Überlegenheit von Venezia – noch nördlicher und zwar über Trino (45.12 Grad). Alle liegen also wesentlich nördlicher als die geographische Halbierungslinie südlich von Roma etwa bei Foggia (41.28 Grad).

Der Kontrast zwischen Nord und Süd ist also in der Zahl der Buchproduzenten (92.5 – 7.5 Prozent) noch stärker als bei den Druckorten (86 – 14 Prozent). Der Gegensatz zwischen den beiden fast gleichgroßen Landesteilen ist noch krasser, wenn man bei der Untersuchung Neapel ausschließt. In diesem Fall kommt der von uns errechnete Durchschnitt bei den übrigen 20 Druckorten nur auf 4.1 Buchproduzenten, was bei einem Landesmittel von 19 besonders niedrig ist.

Die Drucker und Verleger der einzelen Städte aus der letzten Liste kann man auch nach Jahrhunderten auswerten. Dabei ergibt sich, daß die 963 Buchproduzenten des 15. Jahrhunderts in den wichtigsten der 77 Ortschaften (und Italia s.l.) zahlenmäßig bzw. prozentmäßig folgendermaßen verteilt waren: 286 Venezia (29.7), 89 Milano (9.2), 58 Bologna und Roma (6.0), 46 Napoli (4.8), 40 Firenze (4.2), 39 Pavia (4.1), 31 Italia s. l. (3.2), 26 Padova (2.7), 20 Brescia 2.1.), 15 Mantova, Modena und Perugia (1.6).

Die Verteilung der 2032 Drucker und Verleger des 16. Jahrhunderts auf die wichtigsten der 127 Ortschaften sieht so aus: 681 Venezia (33.5), 180 Roma (8.8), 125 Milano (6.1), 84 Napoli (4.1), 83 Firenze (4.1), 67 Bologna (3.3), 65 Torino (3.2), 40 Ferrara und Padova (1.9), 39 Brescia (1.9), 34 Pavia (1.6). (Die 101 Buchproduzenten, die in beiden Jahrhunderten tätig waren, kommen in den verschiedenen Listen doppelt vor.)

Aus diesen beiden Listen kann man verschiedene Tendenzen in diesen zwei Jahrhunderten – natürlich nur aus den Zahlen der Buchproduzenten – erkennen. Venezia hat seine führende Stellung im 16. Jahrhundert noch verstärkt (29.7 – 33.5). Dasselbe gilt auch für Roma (6.0 – 8.8) und Ferrara (1.1 – 1.9), aber vor allem für Torino (0.6 3.2). Das Gegenteil kann man bei einigen anderen Städten beobachten: Milano (9.2 – 6.1), Bologna (6.0 – 3.3), Padova (2.7 – 1.9). Besonders stark war der Rückfall von Pavia (4.1 – 1.6). Weitere Ortschaften hatten ungefähr das gleiche Niveau in beiden Jahrhunderten gehalten: Napoli (4.8 – 4.1), Firenze (4.2 – 4.1), Brescia (2.1 – 1.9).

Aufschlußreich ist, daß Bologna und Firenze – wo der Buchdruck 1471 begonnen hat – je genau 119 Drucker und Verleger vor 1601 hatten. Also nicht nur bezüglich der Zeitdauer, sondern auch in der Anzahl der Buchproduzenten waren sie in dieser Periode gleich. Doch innerhalb der zweiten Kategorie weist Bologna im 15. Jahrhundert wesentlich mehr Personen als Firenze (58 bzw. 40) auf, die Situation ist im nächsten Jahrhundert natürlich umgekehrt. Aus dieser Sicht hatte also Firenze eine zwar langsamere, dafür aber stetigere Entwicklung als Bologna.

Die Konzentration der Buchproduzenten in den sechs größten Städten (Venezia, Roma, Milano, Napoli, Bologna und Firenze) ist in beiden Jahrhunderten fast unverändert: 60 Prozent im 15. und 61 Prozent im 16. Jahrhundert.

Die Zahl der Orte mit weniger als vier Druckern bzw. Verlegern ist sowohl im 15. als auch im 16. Jahrhundert recht hoch: mit drei Buchproduzenten je 7 und 12, mit 2 je 14 und 16, nur mit 1 je 27 und 41. (Auch hier kommen einige Ortschaften in beiden Jahrhunderten, also doppelt vor.)

Untersucht man die Zahl der Drucker und Verleger im Bezug auf ein bestimmtes Jahr, kann man – wie bei den Druckorten – eine dynamische Entwicklung schon in den ersten Jahren beobachten. Ausgehend vom Jahr 1465 überschreitet die Zahl der Buchproduzenten im Jahre 1470 mit 23 die zweiziffrige, und schon im Jahre 1475 – also zehn Jahre nach dem Beginn des Buchdrucks in Italien – mit 103 die dreiziffrige Grenze, die Zahl 130 wird bereits im Jahre 1478 erreicht. Von da an geht es allerdings nicht mehr – wie bisher – stetig bergauf: Bis 1492 schwankt die Zahl zwischen 101 (1479) und 137 (1480). Im Jahre 1492, das auch sonst so wichtig war (die endgültige Abschaffung der arabischen Herrschaft auf der Iberischen Halbinsel, die Entdeckung Amerikas), hat die Zahl der Buchdrucker und Verleger mit 155 einen Höhepunkt in Italien erreicht. Bis 1501 kann man dann Werte zwischen 120 (1496 und 1497) und 144 (1493) finden.

Das 16. Jahrhundert hat mit einem merklichen Rückgang begonnen: 1501: 96, 1502: 91, 1503: 98, 1504: 96. Also der Durchschnitt lag nun mit etwa einem Drittel unter dem Niveau des vorigen Jahrzehntes! Bei dieser Erscheinung spielt wohl der Umstand als Teilfaktor eine gewisse Rolle, daß die Geschichte des Buchdrucks im 15. Jahrhundert unvergleichlich besser bearbeitet worden ist als die der folgenden Epochen.

Und es ging später nur langsam aufwärts: mit 123 ist das Jahr 1517 eine wesentlich niedrigere neue Spitze als ein Vierteljahrhundert früher. Von da an ging es stetig abwärts, so daß die Zahl der Buchproduzenten im Jahre 1527 schon unter die Hundertmarke fiel. So entstand ein Tiefpunkt mit 78 bzw. 76 in den Jahren 1530 und 1531; das sind die niedrigsten Werte seit 1472! Die schwierige historische Lage von Italien („sacco di Roma” usw.) in dieser Zeit hat sicherlich zu dieser negativen Entwicklung beigetragen.

Ab 1535 liegt die Zahl der Drucker und Verleger in Italien dann immer über 100. Dieses Wachstum ist aber sehr zurückhaltend. Obwohl das Jahr 1566 mit 189 einen neuen Höhepunkt bringt, liegt das Jahr 1568 mit 149 noch immer unter 150, einem Niveau, das im Jahre 1492 schon einmal überschritten worden war. Die Grenze von 200 wurde erst im Jahre 1581 mit 207 durchgebrochen. In den letzten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts blieb es dann immer über diesem Stand. Die Spitze mit 262 wird im Jahre 1588 erreicht. Im folgenden sind als stärkste Jahre zu nennen: 1589 (258), 1590 (255), 1598 (253), 1587 (248), 1593, 1595 und 1596 (246), 1585 (245), 1586 (239), 1594 (238), 1597 (237), 1599 (234), 1592 (230), 1591 (224) und 1600 (219). Daraus ist abzulesen, daß die Zahl der Offizinen in den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts ein hohes Niveau behält.

Die Zahl der Drucker und Verleger in Italien beträgt im Jahre 1600 nicht weniger als 219; jedoch kann man nur bei 154 eine ins 17. Jahrhundert reichende Tätigkeit bis jetzt nachweisen. Nun ist es aber höchst unwahrscheinlich, daß so viele Leute (65, also 29.6%) ihre Arbeit auf einmal unterbrochen hätten. Vielmehr ist dieser dadurch zu erklären, daß die von mir herangezogenen Quellen meistens nur bis 1601 reichen. So sind auch schon die letzten Jahre des 16. Jahrhunderts nicht mehr eindeutig zu belegen; außerordentlich viele (153) Personen sind mir bekannt, die nur bis 1598–1600 tätig waren. Diese Zahl ist also fast genau identisch mit der Zahl der Leute, die an der Wende der beiden (16. und 17.) Jahrhunderte arbeiteten.

Ein weiteres Problem entstand dadurch, daß man Personen mit gleichem Namen (z.B. Vater und Sohn) in dem nicht durch Belege gesicherten 17. Jahrhundert oft verwechseln konnte. Diese Frage stellt sich deutlich, wenn man die Dauer der Tätigkeit der Drucker und Verleger untersucht. In meiner Zusammenstellung kommen 54 Personen vor, die ihre Arbeit vor 1601 angefangen haben und mindestens 40 Jahre lang ausübten. (Dazu kann man noch die Typographia Vaticana rechnen, die – mit manchen Unterbrechungen – auch noch heute floriert.) Daraus ergibt sich folgen de Liste:

61 Jahre: Bernardino Benali 1483–1543 Venezia
Lorenzo Pasquato 1561–1621 Padova

58 Jahre: Andrea Muschio 1565–1623 Venezia

57 Jahre: Vincenzo Busdrago 1549–1605 Lucca

56 Jahre: Ercolano Bartoli 1543–1598 Reggio nell’Emilia
Bernardino Stagnino sen. 1483–1538 Venezia
Battista Torti 1481–1536 Venezia

54 Jahre mitl, 53: 2, 52: 1, 51: 2, 50: 3, 49: 3, 48: 1, 47: 4, 46: 3, 45: 1, 44: 3, 43: 5, 42: 1, 41: 9, 40: 8 Personen.

Unter diesen 54 Personen sind allein 12, die ihre Tätigkeit schon im 15. Jahrhundert aufgenommen haben. Von den 42 anderen waren es 21, die nur im 16., und ebenfalls 21, die im 16. und im 17. Jahrhundert wirkten. Wenn man diese Zahlen mit der Gesamtzahl der Drucker und Verleger der einzelnen Perioden vergleicht, so kann man folgendes feststellen: Von den insgesamt 2894 Leuten haben 963 (33.3 Prozent) ihre Arbeit schon im 15. und 1931 (66.7 %) im 16. Jahrhundert begonnen. Dasselbe Verhältnis bei den Personen, die länger als 39 Jahre arbeiteten, ist dagegen 22.2 % zu 77.8 % . Noch krasser sind die Ergebnisse, wenn man die schon erwähnten 21 und 21 Leute (also 50 und 50%) mit den 1777 Personen, die nur im 16. und mit den 154 (also 92.1 zu 7.9 % ), die im 16. und 17. Jahrhundert arbeiteten, vergleicht.

Hierbei kann man feststellen, daß die Angaben des 17. Jahrhunderts, wie schon erwähnt, teilweise ungenügend bzw. nicht gesichert sind. Abgesehen davon ist doch zu erkennen, daß die einzelnen Perioden der Tätigkeit von Druckern und Verlegern in Italien im Laufe der Zeit and Länge zugenommen haben.

Von den 2894 Druckern und Verlegern, die vor 1601 in Italien tätig waren, sind 302 (10.4%) zu finden, die nicht nur an einem Ort arbeiteten. 186 Personen hatten zwei Domizile: entweder dadurch, daß sie ihren Wohnsitz geändert hatten, oder, daß sie parallel in zwei Städten arbeiteten. 69 kamen dreimal mit neuen Ortschaften in Kontakt und die übrigen 47 viermal oder öfters. Die nähere Untersuchung der letzten, also der mobilsten Gruppe führt zu folgenden Ergebnissen: Viermal 13 Personen (5 aus dem 15. und 8 aus dem 16. Jahrhundert) – 5: 13 Personen (8 + 7) – 6: 9 Personen (4 + 5) – 7: 5 Personen (2 + 3) – 8: 2 Personen (1 + 1) – 9: 1 (1 + 0 ) – 11: 1 (1 + 0 ) – 15: 1 (1 + 0). Von den insgesamt 47 stammen also 23 noch aus dem 15., 24 aus dem 16. Jahrhundert. Diese Verteilung von etwa 50–50% weicht von dem Verhältnis bei der Gesamtzahl der Drucker und Verleger des 15., bzw. 16. Jahrhunderts wesentlich ab. Diese Behauptung wird durch die Wanderlust einiger Drucker und Verleger untermauert, wie folgende Aufschlüsselung zeigt:

15: Heinrich von Köln 1474–1500; 11: Geršom b. Moše Soncino 1488–1530; 9: Dionigi Bertocchi 1481 bis 1502; B. Giovanni Giacomo de’ Benedetti 1492–1524 und Luca Bini 1527–1561, der als einziger ausschließlich im 16. Jahrhundert tätig war.

Parallel dazu kann man die Zahl der Orte untersuchen, an denen die einzelnen Drucker und Verleger gewirkt haben. Führend sind mit acht verschiedenen Städten: Geršom b. Moše Soncino 1488–1530 und Luca Bini 1527–1561; mit 6: Heinrich von Köln 1474–1500, Dionigi Bertocchi 1481–1502, Simone Bevilacqua 1485–1514, Antonio Mazzocchi 1535–1549, Ugo Ruggeri 1474–1501, Benedetto Dolcibelli 1498–1508 und Giovanni Maria Simonetta 1523–1556. Also stammen sechs aus dem 15. und drei aus dem 16. Jahrhundert, obwohl das Verhältnis zwischen diesen beiden Kategorien, wie oben schon wiederholt festgestellt wurde, gerade umgekehrt ist.

Wenn man noch hinzunimmt, daß Geršom b. Moše Soncino auch außerhalb Italiens druckte, so kann man eindeutig feststellen, daß die Frühdrucker ihre Domizile öfters gewechselt haben als ihre Kollegen in der späteren Periode. Das läßt sich verhältnismäßig leicht erklären: in den ersten Jahrzehnten der neu gegründeten Buchdruckereien hatten sowohl die Drucker als auch die Mäzene viel zu wenig Erfahrung, was die Aussichten auf Gewinn bzw. die Höhe der Unterstützungskosten betraf. Durch Enttäuschungen von beiden Seiten waren zunächst die Druckereien gezwungen, ihren Tätigkeitsbereich öfters zu wechseln als später dann, wo man infolge größerer Erfahrung schon wesentlich besser kalkulieren konnte. So ist es zu verstehen, daß von 77 Druckorten des 15. Jahrhunderts nicht weniger als 24 (also 31.2 % ) im 16. keinen Drucker mehr beherbergten. Ein klares Zeichen für die vielen gescheiterten Versuche!

Und noch ein, vor den bisher aufgeführten unabhängiger Querschnitt des untersuchten Gebietes. Von den 2894 Druckern und Verlegern in Italien vor 1601 waren es 126 Personen (4.3%), die ausschließlich nur mit nichtlateinischen Lettern hergestellte Druckwerke herausbrachten: 1 armenischer Drucker, 16 kyrillische (alle in Venezia), 21 griechische (in Firenze, in Roma und in Venezia) und 87 hebräische (in 15 Ortschaften). Sei hier noch ein Kuriosum erwähnt: von den Vornamen der hier behandelten Drucker und Verleger überragt „Johannes” alle anderen. Eine Zusammenstellung sieht folgendermaßen aus: Giovanni 107, Giovanni mit einem weiteren Vornamen 232, Jean (französisch) 7, Johann (deutsch) 33, Johannes (lateinisch) 15, Johannes mit einem weiteren Vornamen 4. Insgesamt 398, also 13.8% aller Drukker und Verleger hatten diesen (auch sonst verbreiteten) Vornamen.

Bei den Typographen, die in Italien ausschließlich mit nicht lateinischen Lettern gedruckt haben, handelt es sich natürlich fast ausschließlich um eingewanderte Personen. Die Griechen sind aus den östlichen Gebieten der Republik von Venezia, die Südslawen von den dalmatinischen Küsten gekommen. Ein Teil der Juden kam aus Deutschland: so z.B. die Familie Adelkind, die Vorfahren von dem berühmtesten jüdischen Typographen in Italien, Geršom b. Moše (Girolamo) Soncino genau aus Trier. Der Höhepunkt der Entwicklung von jüdischen Gemeinden in Italien dauerte bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Die spanische Verfolgung ab 1492 griff über Sardinien und Sizilien bald auch nach Süditalien (Napoli) über.

Auch unter den Druckern, die mit lateinischen Buchstaben arbeiteten, sind verhältnismäßig viele Ausländer zu finden. Diese Behauptung gilt vor allem für die früheste Periode. Es ist natürlich, daß die ersten Drucker ihre Fachkenntnisse aus der Wiege der Typographie, also aus Deutschland mitgebracht haben. So ist es zu verstehen, daß der Urtypograph in 25 Städten von Italien im 15. Jahrhundert – also fast in jeder dritten Ortschaft – ein Deutscher war.[8] Doch nahmen die Italiener die Methode der Vervielfältigung von Texten bald über. So rühmte sich Bernardo Cennini 1472, daß er sich die Geheimnisse der neuen Kunst ohne Lehrmeister angeeignet hat. Nur seine zwei Söhne haben ihm dabei eine Hilfe geleistet.[9] Es war noch einfacher, wenn die Meister und Gesellen aus Deutschland die Kunstgriffe der Typographie den Einheimischen direkt übergegeben haben. Es ist interessant, daß Fumagalli[10] die Betonung notwendig hielt, daß kein Ausländer z.B. in der Stadt Reggio nell’Emilia die Typographie ausübte.

In der Clavis wurde versucht, die neu eingewanderten Personen möglichst mit ihrem originalen Familien- und mit dem fremden Vornamen zu verzeichnen. Natürlich war es nicht immer möglich diesen Umstand eindeutig und sicher zu klären. Gewiß stecken sich nicht wenige Ausländer heute noch hinter einem neutralen lateinischen Namen. Gleichzeitig wurde angenommen, das die nächsten Generationen der Eingewanderten, die mit lateinischen Lettern druckten, schon italienisiert wurden: ihre Namen kommen also in der Clavis italienisch vor. Es könnte interessant sein, wie viele fremde Drucker und Verleger aus der Periode vor 1601 in Italien von der Clavis registriert wurden. Von den insgesamt 2894 Personen kommen nur 142 unter nicht italienischen oder lateinischen Namen vor: also nur etwa fünf Prozent. Überwiegend sind die Deutschen dabei mit 107 Leuten (etwa 3/4 aller Fremden), wozu man auch die sechs Niederländern zurechnen kann. Die Zahl der Franzosen macht 29 (20%) aus.

Also handelt es sich hier nur um die drei „Riesen” der alten Typographie: um die Deutschen, um die Italiener und um die Franzosen. Aus dem 15. Jahrhundert besitzen wir schon eine ziemlich endgültige Statistik über die territoriale Zusammensetzung der Wiegendrucke:[11] deutsches Sprachgebiet 37% (mit den Niederländen 43%), italienisches 36%, französisches 17%. Davon kann man ersehen, daß 96% aller Inkunabel an diesen drei Gebieten hergestellt wurden. In dem 16. Jahrhundert entstand eine zweite Gruppe von mittelstarken Ländern: die immer selbständiger gewordene Niederlande, Spanien und England. Die Deutschen, Italiener und Franzosen führten aber auch weiterhin eindeutig, die in dieser Periode noch immer mindestens 3/4 aller Druckprodukten herstellten.

Die Zahl der verschiedenen bibliographischen Einheiten aller Druckwerke, die mit gegossenen Lettern vervielfertigt wurden, lautet für das 15. Jahrhundert ziemlich genau um 30 000. Leider ist das Bild im 16. Jahrhundert noch keineswegs so klar, wie in der Inkunabelzeit. Eine kühne Hochrechnung für das 16. Jahrhundert könnte rund etwa eine knappe halbe Million lauten, wenn man auch die Einblattdrucke und Musikalien mitrechnet. Davon könnten etwa 180 000 auf dem deutschen Sprachgebiet, etwa 120 000 in Italien und etwa 80 000 in Frankreich gedruckt sein. So kann man also eindeutig feststellen, was für eine wichtige Rolle diese drei Länder auch in der Typographie des 16. Jahrhunderts spielten.

Die Spezialbearbeitung der Wiegendrucke ist nun schon in fast allen wichtigeren Sammlungen der Welt beendet, so beschäftigt sich man immer mehr und mehr mit den Druckwerken des 16. Jahrhunderts. Diese natürliche Entwicklung bei der chronologischen Katalogisierung der Altbestände wird durch eine andere Bemühung überall verstärkt. Bei der bibliographischen Erfassung alter, das heißt vor dem Jahre 1801 hergestellten Drucke durch die retrospektiven Nationalbibliographien verschiedener Länder hat sich in den letzten Jahrzehnten eine eindeutige Tendenz bemerkbar gemacht, die durch die Unternehmung von „Universal Bibliographie Control” (UBC) der internationalen Föderation von bibliothekarischen Vereinigungen (IFLA) von Anfang an angespornt und unterstützt war. Diese Aufgabe erfordert in den einzelnen Ländern einen sehr unterschiedlichen Arbeitsaufwand. Die Arbeitsmenge hängt einerseits von der Zahl der damals hergestellten Druckprodukten, anderseits von dem Stand der bisherigen bibliographischen Bearbeitung ab.

In der retrospektiven deutschen Nationalbibliographie vor 1701 wird die Periode vor 1501 vom Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW) bearbeitet sein. Mit dem 17. Jahrhundert beschäftigen sich die deutschen Fachleute bis jetzt nur in Form der theoretischen Vorbereitung. Die Registrierung der Druckwerke des 16. Jahrhunderts erfolgt durch die Unternehmung „Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts” (VD 16). Mit einem Dutzend von Bänden ist die Publikation nun weit über die Hälfte des Alphabets gekommen. Man rechnet, das die Veröffentlichung von dieser ersten – leider noch recht weit von der Vollständigkeit stehenden – Übersicht binnen einigen Jahren schon beendet sein wird. Obwohl dazu eigentlich fast nur der Bestand der zwei größten Sammlungen in der BRD (München: Bayerische Staatsbibliothek und Wolfenbüttel: Herzog August Bibliothek) bearbeitet wurde, rechnet man mit der genauen Beschreibung von etwa 90 000 bibliographischen Einheiten.

Die Buchproduktion der Offizinen vor 1801 auf dem Gebiet des heutigen Frankreichs wird meistens in Rahmen der Serie „Repertoire bibliographique des livres imprimes en France” in einem deutschen Privatverlag (Valentin Koerner, Baden–Baden) nach Jahrhunderten geordnet registriert bzw. veröffentlicht. Das 16. Jahrhundert ist davon schon fertig, ein wesentlicher Teil der zweiten und ein Bruchstück der dritten Periode wurde bis heute publiziert. Die drei wichtigsten Städte (Paris, Lyon und Strassburg) wurden davon ausgeschlossen, die in anderen selbständigen Bibliographien bearbeitet wurden und werden.

So ist es nun zu begrüßen, das auch die Italiener die bibliographische Bewältigung ihres umfangreichen Kulturerbes zu bewerkstelligen begonnen haben. Es handelt sich um die Unternehmung „Censimento delle edizioni italiane del XVI sècolo” . Von diesem Zentralkatalog der Druckwerke, die im 16. Jahrhundert in Italien hergestellt wurden, sind unter der Bezeichnung EDIT (Le edizioni italiane del XVI sècolo) die erste zwei Buchstaben schon erschienen. Die wissenschaftliche Weltöffentlichkeit sieht der Fortsetzung mit einem großen Interesse entgegen.

È la sintesi delle esperienze molteplici dell’autore, relative al suo libro „Clavis typographorum librariorumque Italiae 1465–1600”. Fa conoscere quei 151 luoghi italiani, dove prima del 1601 erano attivi delle stamperie e degli editori professionali. Indica il periodo della attività delle stamperie nelle città menzionate, ne fa una cronologia con la classificazione secondo la durata, il numero degli intervalli dell’attività e la divisione geografica delle dette. Tenta di scoprire i motivi caratteristici della scelta e formazione dei luoghi di stampa. Nota secondo città e secoli il numero dei tipografi ed editori, riassume i luoghi sia per numero degli stampatori ed editori attivi, sia per la divisione geografica e la durata della loro attività, ecc. I 2894 stampatori ed editori vengono raccolti anche per la loro eventuale origine straniera, le fettere non latine delle stampe e – come curiosità – anche per i nomi più popolari delle persone in questione.

The author summarizes and evaluates his manifold experiences derived from his “Clavis Typographorum librariorumque Italiae 1465–1600”. He sets forth the 151 places from Italy where before 1601 a printing shop or professional publisher was working. He also gives the time sphere when the presses worked in these towns; sets the chronology and orders them accordingly to the time-span of their activity, the numbers of interruptions in continuity, their geographic distribution, etc. He tries to clear up the characteristic motives of founding printing shops at certain places. The author discloses the number of printers and publishers arranged according to towns and centuries and also gives a survey of the places according to the number, geographical distribution and time of activity of the printers working there. The 2894 printers and publishers are also reviewed an the basis of their occasional foreign origins, their printing equipment of non-Latin letters, moreover – rather as a rarity – the most frequent occurrences of personal names, all expressed in figures.

L’auteur résume et enterprète les diverses expériences de son oeuvre: „Clavis typographorum l.ibrariorumque Italiae 1465–1600”. Il fait connaître les 151 localités d’Italie où des imprimeries et des éditeurs professionnels ont poursuivi leur activité avant 1601. Il dénombre l’époque durant laquelle dans les villes mentionnées une imprimerie fonctionnait, dresse leur ordre chronologique, les classe d’après l’epoque d’activité, le nombre des enterruption, la répartition territoriale etc... Il tâche de découvrir les causes caractéristiques motivant la formation des lieux d’impression. Il énumère le nombre des éditeurs et imprimeurs par ville et par siècle; donne une vue d’ensemble des lieux, du nombre de ceux qui y poursuivaient une activité, leur répartition géographique, la durée de leur activité etc... La provenance éventuellement étrangère des 2894 imprimeurs et éditeurs, ainsi que leur équipement en lettres non latines, en plus – comme curiosité – l’analyse d’après le nombre des prénoms les plus fréquents sont aussi élaborés.

Der Verfasser faßt seine vielseitigen Erfahrungen zusammen und wertet die Ergebnisse aus, die er im Laufe der Zusammenstellung seiner Arbeit „Clavis...” erzielt hat. Er zählt die 151 Ortschaften in Italien auf, wo wenigstens eine Druckerei oder ein Berufsverleger vor 1601 arbeitete. Außerdem informiert er über die Tätigkeitsdauer der Pressen in der jeweiligen Stadt in chronologischer Reihenfolge, über die zeitweilige Unterbrechung ihrer Tätigkeit, über die geographische Verteilung der Offizinen, über die Zahl der Drucke, die Namen der Verleger, der in der Werkstatt tätigen anderer Personen etc. Die 2894 Drucker und Verleger wurden auch nach ihrer nationalen Herkunft, nach dem von ihnen verwendeten Typenmaterial und – als Kuriosum – nach ihren am häufigsten geführten Vornamen zusammengestellt. Es wurde auch versucht, die Gründe zu ermitteln, die zur Gründung, zum Aufblühen und zum Niedergang der Pressen bzw. der Verlegertätigkeit geführt haben.

Es la síntesis de las múltiples experiencias del autor, relativas a su libro „Clavis typographorum librariorumque Italiae 1465–1600”. Da a conocer aquellos ciento cincuenta y un lugares italianos, donde antes del 1601 estaban en actividad imprentas y editores profesionales. Indica el periodo de actividad de las imprentas en las ciudades mencionadas, hace una cronología con la clasificación teniendo en cuenta la duración, el número de los intervalos en la actividad y la división geográfica de las mismas. Intenta describir los motivos característicos de la elección y la formación de los lugares de estampa. Anota según ciudad y siglo el número de tipógrafos y editores; resume los lugares ya sea por el número de los estampadores y editores activos o por la división geográfica y la duración de su actividad, etc. Los dos mil ochocientos noventa y cuatro estampadores vienen recogidos segun su eventual origen extranjera, por las cartas no latinas de las estampas y, como curiosidad, también por los nombres más populares de las personas en cuestión.


* A „Könyvtörténeti írások” II. kötetében található 24. és 25. cikk kibõvített változata.


[1] Borsa Gedeon: Clavis typographorum librariorumque Italiae 1465–1600. I–II. Budapest – Baden-Baden 1980 Akadémiai Kiadó – Valentin Koerner Verlag.

[2] Gutenberg Jahrbuch (Mainz) 1976. 311–314, 1977. 166–169, 1978. 156–157.

[3] Haebler Konrad, Die deutschen Buchdrucker des XV. Jahrhunderts im Auslande. München 1924. 130.

[4] Haebler Konrad, Die deutschen Buchdrucker des XV. Jahrhunderts im Auslande. München 1924. 132.

[5] Fumagalli G[iuseppe], Lexikon typographicum Italiae. Dictionnaire geographique d'Italie pour servir à L'histoire de l'imprimerie dans ce pays. Florence 1905. 10–11.

[6] Cf. Spagnesi Enrico, Pecchioli Vigni Maria Cristina, Saggio di bibliograjia delle edizioni giuridiche in lingua italiana (1470–1600). Firenze 1974.

[7] Mehrere Mitglieder der Familie liessen auch ihre eigene Werke drucken.

[8] Geldner Ferdinand, Die deutschen Inkunabeldrucker. II. Stuttgart 1970. 17, 23.

[9] Haebler Konrad, Die deutschen Buchdrucker des XV. Jahrhrsnderts im Auslande. München 1924. 157.

[10] Fumagalli G[iuseppe], Lexikon typographicum Italiae. Dictionnaire geographique d'Italie pour servir à L’histoire de l'imprimerie dans ce pays. Florence 1905. 324–325.

[11] Geldner Ferdinand, Die deutschen Inkunabeldrucker. II. Stuttgart 1970. 16.




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