FACINUS QUARTUM

Cui semper abest cultus
Manet rusticus et stultus;
Litterarum solae artes
Sunt humanitatis partes;
Neque abaco utentes
Docti fiunt et potentes.
Vir distincte educatus
Sit philosophiae datus.
Laemplo est officium vere
Sapientiam docere.

VIERTER STREICH

Also lautet ein Beschluß:
Daß der Mensch was lernen muß.
Nicht allein das Abc
Bringt den Menschen in die Höh';
Nicht allein in Schreiben, Lesen
Übt sich ein vernünftig Wesen;
Nicht allein in Rechnungssachen
Soll der Mensch sich Mühe machen;
Sondern auch der Weisheit Lehren
Muß man mit Vergnügen hören.

Daß dies mit Verstand geschah,
War Herr Lehrer Lämpel da.

At doctrinam haud necesse
Putant nostri vitae esse
Studiorum irrisores.
Quam fastidiunt bonos mores!
Fuit clarus hic magister
Fumisugii minister
Quod, si non virtutis signum
Tamen vitium est benignum
Non oportet denegari
Immo potest excusari...

Crucis offulae sinistri
Infumibulo magistri
Avidi insidiarum
Dolum destinant amarum.

Die domini, dum ille
Laudes cantat Dei mille

Max und Moritz, diese beiden,
Mochten ihn darum nicht leiden,
Denn wer böse Streiche macht,
Gibt nicht auf den Lehrer acht.
Nun war dieser brave Lehrer
Von dem Tobak ein Verehrer,
Was man ohne alle Frage
Nach des Tages Müh und Plage
Einem guten, alten Mann
Auch von Herzen gönnen kann.

Max und Moritz, unverdrossen,
Sinnen aber schon auf Possen,
Ob vermittelst seiner Pfeifen
Dieser Mann nicht anzugreifen.

Einstens, als es Sonntag wieder
Und Herr Lämpel, brav und bieder,

Neque quidquid odians
Subridens, psalmodians
Impostores semper peius
Agunt et in domo eius
Malificii periti
Fumisugio sunt potiti.

In der Kirche mit Gefühle
Saß vor seinem Orgelspiele,
Schlichen sich die bösen Buben
In sein Haus und seine Stuben
Wo die Meerschaumpfeife stand;
Max hält sie in seiner Hand;

Max e sinu trahit iam
Pulveris lagenulam
Permaligne, propere
Implet caput pulvere
Laempel potest advenire —
Quare tempus est abire.

Aber Moritz aus der Tasche
Zieht die Flintenpulverflasche,
Und geschwinde - stopf, stopf, stopf! -
Pulver in den Pfeifenkopf.
jetzt nur still und schnell nach Haus,
Denn schon ist die Kirche aus. -

ls post musicam et Avem
Vertit sacrae aedis clavem —
Bonae mentis ille homo
Illico, in sua domo.

Eben schließt in sanfter Ruh
Lämpel seine Kirche zu;
Und mit Buch und Notenheften
Nach besorgten Amtsgeschäften

Quo post operam contendit
Fumisugium accendit.

Lenkt er freudig seine Schritte
Zu der heimatlichen Hütte,

"Sane" — ait — " beatus is,
Qui procul negotiis... "

Und voll Dankbarkeit sodann
Zündet er sein Pfeifchen an.

Rumor, stridor, strepitus
Ut nil supra crepitus.

"Ach!" spricht er. "Die größte Freud
Ist doch die Zufriedenheit!"

Fugiunt armarium
Vas stramentarium
Fornax, sella, tabuIa
— Horrisona fabula!
Post vaporem evolatum
Patet: clemens fuit fatum,

Rums! - Da geht die Pfeife los
Mit Getöse, schrecklich groß!
Kaffeetopf und Wasserglas,
Tobaksdose, Tintenfaß,
Ofen, Tisch und Sorgensitz -
Alles fliegt im Pulverblitz.

Laempel adhuc vivus iacet
Tamen parum nobis placet.
Manus, nasus atri sunt
Os, occelli nigrescunt

Als der Dampf sich nun erhob,
Sieht man Lämpel, der - gottlob -
Lebend auf dem Rücken liegt;
Doch er hat was abgekriegt.

Vetulus capillis caret,
Aethiopicus adparet!
Quis docebit nunc scientiam
Pueros et sapientiam?
Quis in pagi beneficio
Dedicabit se officio?
Quis halabit fumi flatus
Fumisugio privatus?

Nase, Hand, Gesicht und Ohren
Sind so schwarz als wie die Mohren,
Und des Haares letzter Schopf
Ist verbrannt bis auf den Kopf.
Wer soll nun die Kinder lehren
Und die Wissenschaft vermehren?
Wer soll nun für Lämpel leiten
Seine Amtestätigkeiten?
Woraus soll der Lehrer rauchen,
Wenn die Pfeife nicht zu brauchen?

Tempus curat omnia
Nisi fumisugia

Proh! — fumibulum exstinctum!
Videamus factum quintum!

Mit der Zeit wird alles heil,
Nur die Pfeife hat ihr Teil.

Dieses war der vierte Streich,
Doch der fünfte folgt sogleich.

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