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Der erste Habsburger auf dem ungarischen Thron

Ende des Jahres 1437 starb Sigismund, deutsch-römischer Kaiser und König von Ungarn und Böhmen, ohne männlichen Nachkommen. Noch 1402 hatte er für den Fall, daß ihm kein Erbe geboren wird, den österreichischen Herzog Albert IV. als seinen Nachfolger auf dem ungarischen Thron bestimmt, und nach dem Tod des Herzogs dessen Sohn, Albert V. Aus diesem Grund gab er Albert seine einzige Tochter Elisabet zur Frau. Da Sigismund auch im Tode noch hohes Ansehen genoß, geschah alles nach seinem Willen. Nicht ganz zwei Wochen nach dem Ableben des Monarchen wählte der Kronrat Albert, den ersten und letzten König dieses Namens auf dem ungarischen Thron. Mitte des folgenden Jahres herrschte Albert I. bereits über ein ansehnliches Reich in Mitteleuropa: neben Ungarn gehörten ihm noch Österreich und Böhmen, und darüber hinaus wurde er zum deutsch-römischen König gewählt.

Doch schon die Wahlkonditionen zeigten, daß sich im politischen System Ungarns einiges verändert hatte. Albert mußte versprechen, die Verwendung der Einnahmen des Königreiches mit den Prälaten und Baronen abzustimmen, sie vor der Ernennung der wichtigsten Würdenträger zu konsultieren und die Fortführung der "schädlichen Neuerungen" Sigismunds, worunter man insbesondere die Einziehung vakanter Kirchenpfründe hervorhob, aufzugeben. Diese Konditionen standen im Einklang mit den Interessen der beiden ersten im Kronrat vertretenen Stände, der Prälaten und Barone, deren Ziel es war, die unter Sigismund zentralisierte Königsmacht zurückzudrängen.

Im Frühjahr 1438 reiste König Albert für ein Jahr ins Ausland. Die ungarischen Angelegenheiten lagen teils in den Händen der Königin, die ihrem Gatten als Mitregentin zur Seite stand, teils wurden sie von Vikaren, einigen auf diesen Posten lancierten Mitgliedern des Kronrates, erledigt. Während der Abwesenheit des Königs schlug die öffentlichen Meinung plötzlich um, die zur damaligen Zeit gleichbedeutend war mit der Meinung des Adels. Im Sommer 1438 fielen türkische Truppen ungehindert in Siebenbürgen ein, wo sie zunächst das Land der Siebenbürger Sachsen und dann das Szeklerland verwüsteten und mehrere tausend Gefangene verschleppten. Der Adel machte dafür den fremden König, der die Angelegenheiten Ungarns vernachlässigte, und dessen Ratgeber verantwortlich.

Im Mai 1439 berief der König einen Landtag nach Buda ein. Während die Landtagsabgeordneten berieten, brachen in der Stadt Unruhen aus. Die deutschen Kaufleute, in deren Händen die Stadtverwaltung lag und die auch einzelne Einnahmequellen der königlichen Kammer gepachtet hatten, wollten ihre Macht nicht mit den reichen ungarischen Bürgern teilen. Insgeheim ließen sie sogar den Wortführer der Ungarn, einen Goldschmied, ermorden. Als die Tat bekannt wurde, verwüsteten die Ungarn die Häuser der Deutschen und plünderten ihre Geschäfte. In der Folgezeit stellten abwechselnd ein Jahr die ungarischen, ein Jahr die deutschen Bürger den Richter von Buda, und der Rat setzte sich jeweils zur Hälfte aus den Angehörigen der beiden Nationalitäten zusammen. Eine ähnliche Struktur bildete sich in Klausenburg heraus.

Die fremdenfeindliche Atmosphäre wirkte sich auch auf die vom Landtag gebilligten Gesetze aus. Ausländer durften weder Ämter bekleiden, noch durften ihnen die Einnahmen des Reiches übergeben werden. Die Wahlkonditionen wurden dahingegend modifiziert, daß man von nun an auch dem Adel ein Mitspracherecht in Reichsangelegenheiten zugestand. Der Schutz des Landes und seiner Grenzen wurde Aufgabe des Königs, die Kosten dafür hatte nicht der Adel zu tragen. Die Regelung der Goldenen Bulle, wonach Adlige nicht verpflichtet waren, außerhalb der Landesgrenzen an Kriegszügen teilzunehmen, wurde bekräftigt. Mit diesen Gesetzen begann in Ungarn die gemeinsame Herrschaft von Adel und König: das Ständewesen.

Albert fiel es nicht schwer, auf diese Artikel einzugehen, hatte er doch vorher den österreichischen Ständen ebenfalls schon Mitspracherecht gewährt. Nach dem Landtag brach der König auf, um sich an der Südgrenze den Türken entgegenzustellen. Die Sammlung der Truppen ging nur langsam voran und ihre Stärke reichte gerade aus, einen erneuten türkischen Einfall zu verhindern. Dagegen sahen sie der Eroberung von Szendrõ (Smeredowo), dem Sitz des serbischen Despoten, tatenlos zu, und als dann im Lager die Ruhr ausbrach, zogen sie sich zurück. Die Epidemie machte auch vor dem Monarchen nicht halt, und im Oktober starb er daran. Zu dieser Zeit erwartete die Königin wieder ein Kind.

Auf seinem Sterbelager verfaßte Albert ein Testament. Es bestimmte, würde das Neugeborene ein Junge sein, Elisabet sowie das älteste Mitglied des Hauses Habsburg zu Vormündern des Kindes. Die Führung seiner Länder wünschte er einem gemeinsamen Rat anzuvertrauen, und ebenso sollte man künftig bei der Handhabung der Einkünfte verfahren. Doch diese letztwilligen Verfügungen blieben das, was sie waren - ein Stück Papier. Und die gemeinsame Regierung der Habsburgländer bzw. die zusammengezogene Handhabung ihrer Einnahmen erwiesen sich auch Jahrhunderte später noch als nicht zu realisierende Vorstellung.

Wirre Zeiten und die Herrschaft Ladislaus V.

Die ungarischen Stände wählten den fünfzehnjährigen, energischen Wladislaw, Mitglied der Jagiello-Dynastie und Herrscher über Polen, zum König. Königinwitwe Elisabet aber ließ auf abenteuerlichen Wegen die hl. Krone aus der Visegráder Burg entwenden und danach den sechs Wochen alten - auch Posthumus genannten, weil nach dem Tod seines Vaters geborenen - Ladislaus V. krönen. Formell entsprach die Krönung allen drei Bedingungen des ungarischen Gewohnheitsrechts: Sie wurde mit der hl. Krone, in Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) und unter Mitwirkung des Erzbischofs von Esztergom (Gran) vorgenommen. Als Wladislaw I. in Ungarn eintraf, flüchteten Elisabet und ihr Gefolge nach Westungarn, während sich der junge König mit der Krone vom Kopfreliquiar Stephans des Heiligen krönen ließ.

Ungarn spaltete sich in zwei Lager: in das der Anhänger Elisabets und des königlichen Säuglings auf der einen sowie das der Parteigänger Wladislaws I. auf der anderen Seite. Die nachfolgenden anderthalb Jahrzehnte bezeichneten Zeitzeugen als wirre Zeiten. In diesen Jahren tobte im Reich - von den allgemein während der Wintermonate geschlossenen Waffenruhen abgesehen - ein Bürgerkrieg. Gewaltsame Gütereinziehungen ließen sich als politische Stellungnahmen auslegen, so daß ganze Herrschaftsdomänen für lange Zeit, und nicht selten sogar für immer, den Besitzer wechselten. Gesetze über die Rückgabe der eingezogenen Besitztümer wurden nicht vollstreckt.

Die Königinwitwe hatte von Jan Giskra geführte böhmische Söldnertruppen ins Oberland gerufen, die sich gut zwei Jahrzehnte lang halten konnten. Mit Elisabets Vollmacht verwendete Giskra die Einnahmen der dortigen Bergwerke, zog Steuern ein, besetzte die königlichen Burgen und eroberte die Burgen der Anhänger Wladislaws. Eine andere wichtige Basis der Habsburg-Partei war Slawonien, wo die Macht in den Händen des Grafen Ulrich von Cilli lag. Transdanubien hingegen fiel zu Beginn des Jahres 1441 an Wladislaw I. Das war auch die Zeit, als János Hunyadi innenpolitisch bedeutend an Einfluß gewann, der gemeinsam mit Miklós Újlaki die Parteigänger Elisabets aus diesem Landesteil vertrieb.

In ihrer bedrängten Lage brachte Elisabet die Krone und ihr Kind beim steirischen Herzog Friedrich in Sicherheit, den man zwischenzeitlich zum deutsch-römischen König gewählt hatte. Újlaki und dessen ehemaliger Familiaris, der nach oben strebende János Hunyadi, wurden im Februar 1441 gemeinsam zu siebenbürgischen Woiwoden ernannt, so daß Wladislaw I. seine Macht auch dort endgültig festigen konnte. Während seiner Herrschaftszeit hatte der König ständig entweder die Türken oder Unruhen im Reichsinneren zu bekämpfen. Seine Macht übte er unter Mitwirkung der Stände aus. Erst im letzten Jahr, 1444, versuchte Wladislaw, das verloren gegangene Ansehen der Königsmacht wiederherzustellen. Doch zur Verwirklichung dieses Planes blieb dem König keine Zeit mehr. Er fiel auf dem Schlachtfeld von Varna.

In Ungarn glaubten viele auch Monate nach der Schlacht bei Varna noch an eine Rückkehr Wladislaws I. Im Jahr 1445 übergab man das Regierungsruder dem Staatsrat und vertraute die Erhaltung des inneren Friedens sieben Hauptkapitänen an, unter denen sich auch Anhänger der Habsburg-Partei befanden. Die ungarischen Stände waren aber nur bereit, Ladislaus V. als ihren König anzuerkennen, wenn ihnen Friedrich III. das Kind und die hl. Krone übergäbe, was Friedrich jedoch verweigerte. Der Bürgerkrieg ging weiter. Mit stillschweigender Billigung der Habsburganhänger wählten zu Pfingsten 1446 in der Mehrheit ehemalige Parteigänger Wladislaws János Hunyadi für die Zeit der Minderjährigkeit Ladislaus V. zum Regenten.

Graf Ulrich von Cilli und Giskra waren nicht zur Regentenwahl erschienen. Die militärischen Operationen gegen sie setzte man mit geringem Erfolg fort, und feindselig gestaltete sich auch das Verhältnis zu Friedrich III. Um ihre Familien- und Besitzpolitik abzustimmen, schlossen sich die Barone zu Bündnissen, sog. Ligen, zusammen. Österreich, Böhmen und Ungarn bildeten formell eine Personalunion unter dem Zepter Ladislaus V. Dank des gemeinsamen Auftretens der Stände aller drei Länder entließ Friedrich III. den jungen Herrscher 1452 schließlich aus seiner Vormundschaft und schickte ihn - allerdings ohne die Krone - zu Ulrich von Cilli. Im Januar 1453 trat János Hunyadi von seinem Amt als Regent zurück, behielt als Hauptkapitän des Landes jedoch die in seiner Hand befindlichen Königsburgen.

Der Bürgerkrieg war zu Ende. Die Barone aber dachten gar nicht daran, auf ihre im Laufe der wirren Zeiten erlangte Macht und die Besitztümer zu verzichten. Insbesondere Hunyadi und Ulrich von Cilli blieben weiterhin Rivalen. Als János Hunyadi nach dem Sieg von Nándorfehérvár (Belgrad) starb, wurde Ulrich von Cilli Landeshauptkapitän. Ladislaus V. forderte die Rückgabe der Königsburgen, die sich noch immer in den Händen der Familie Hunyadi befanden. Doch davon wollte der an der Spitze der Familie stehende ältere Sohn, László (Ladislaus) Hunyadi, nichts hören. Von seinen Familiares ließ er Ulrich von Cilli in Gegenwart des mit Verhandlungsabsichten in Belgrad eingetroffenen Königs ermorden und ernannte sich selbst zum Hauptkapitän.

Im Frühjahr 1457 gelang es den Häschern des Königs, László Hunyadi sowie seinen jüngeren Bruder Mátyás (Matthias) und mehrere ihrer führenden Familiares zu ergreifen. László wurde wegen Hochverrats hingerichtet. Doch das erschütterte die Macht der Hunyadis keineswegs. Erzsébet Szilágyi, die Witwe des Regenten, und ihr Schwager Mihály Szilágyi vertrauten auf die Stärke ihrer Familiares und gaben die Burgen nicht zurück. Der Bürgerkrieg entbrannte von neuem. Den Knaben Matthias nahm Ladislaus V. als Gefangenen mit nach Prag. Als ein militärischer Übergriff auf die Hunyadi-Besitzungen mißlang, zeigten sich die Barone zu Friedensverhandlungen bereit, deren Ausgang der plötzliche Tod des Königs beschleunigte. Ladislaus V. verstarb kinderlos, und das setzte der ersten Herrschaft der Habsburger in Ungarn ein Ende.

Matthias Hunyadi

Matthias Hunyadi mag 1458 fünfzehn Jahre alt gewesen sein. Seine Anhänger nahmen einerseits mit dem Statthalter von Böhmen, andererseits mit den ungarischen Baronen Verhandlungen darüber auf, ihn als ungarischen König anerkennen zu lassen. Bei diesen separat geführten Verhandlungen wurden gleich zwei Heiraten für Matthias vereinbart. Im Sinne der ersten Vereinbarung sollte er Anna, die Tochter des mächtigsten Barons und Palatins László Garai, im Sinne der anderen Katharina, die Tochter Georg Podjebrads, zur Frau nehmen. Auf Druck der von Szilágyi geführten Hunyadi-Partei wählte der Pester Landtag Matthias zum König und stellte ihm für die Dauer von fünf Jahren Mihály Szilágyi als Regenten zur Seite.

In den Beschlüssen des Landtages, der Matthias zum König wählte, brachten die im Laufe der wirren Zeiten besonders erstarkten Stände ihren Willen zum Ausdruck. Unterwegs nach Hause verlobte sich der gewählte König an der Grenze mit Katharina Podjebrad und nahm im ersten Jahr seiner Herrschaft wichtige personelle Veränderungen vor: László Garai löste er als Palatin ab und übertrug das Amt Mihály Ország Guti, der es dann bis zu seinem Tod bekleidete. Mihály Szilágyi trat von seinem Amt zurück und wurde, nachdem er sich mit Garai und Újlaki gegen den König verbündet hatte, eingekerkert.

Die ihrer Macht beraubten Nobilitäten, insgesamt 25 an der Zahl, wählten am 17. Februar 1459 in Güssing Kaiser Friedrich III. zum König. Matthias wußte schon früher von der Verschwörung, weshalb er eine Woche vor der Wahl Friedrichs dem größeren Teil der Barone und Prälaten des Reiches ein Loyalitätsbekenntnis abverlangte. Anschließend trug er auch militärisch den Sieg über die Verschwörer davon. Zunächst bedeutete die Wahl des Kaisers zum König von Ungarn keine ernsthafte Gefahr für Hunyadis Königtum, wichtig wurde sie jedoch im Hinblick auf die späteren Ereignisse. Friedrich trug von da an den ungarischen Königstitel, und diese Wahl begründete den Rechtsanspruch der Habsburg-Dynastie auf Ungarn.

Der erste Abschnitt von Matthias' Herrschaft dauerte bis zu seiner Krönung im Jahr 1464. In diesem Zeitraum ging sein Hauptbestreben dahin, die hl. Krone als ein Requisit der Gesetzlichkeit seiner Macht wiederzuerlangen, Friedrich zum Verzicht auf den Thronanspruch zu zwingen und seine Macht auf das ganze Reich auszudehnen. Er strengte mehrere Feldzüge gegen Friedrich an. Im Sommer 1461 lenkte er seine Streitmacht ins Oberland, wo man, zunächst unter königlichem und dann unter dem Oberbefehl von Imre Szapolyai, mit der böhmischen Herrschaft aufräumen wollte. Ergebnis dessen war, daß Giskra sich im Frühjahr 1462 unterwarf, und 1463 schlossen Friedrich III. und Matthias in Wienerneustadt Frieden.

Für den Gegenwert von 80 000 Forint gab Friedrich die hl. Krone und die Stadt Soporon (Ödenburg) an Matthias zurück, den er als seinen Sohn begrüßte, und versprach ihm gleichzeitig Hilfe bei seinen Feldzügen gegen die Türken. Einige Burgen entlang der Grenze behielt der Kaiser, und auch den ungarischen Königstitel durfte er weiter tragen. Für den Fall, daß Matthias ohne gesetzlichen Erben stürbe, sollten Friedrich oder seine Nachkommen den ungarischen Thron erben. Infolge des Bosnienfeldzuges konnte Matthias erst 1464 gekrönt werden. Sofort nach der Krönung nahm er eine umfassende Reform der staatlichen Verwaltung in Angriff. 1467 kam es in Siebenbürgen wegen des neuen Steuersystems zu einem Aufstand gegen den König. Matthias schlug ihn nieder und begnadigte die Anführer der Aufständischen. Doch einige Vertreter des Adels, die sich daran beteiligt hatten, ließ er hinrichten und konfiszierte ihre Güter.

Im Jahr 1466 enthob der Papst den Hussitenanhänger Georg Podjebrad seines Thrones. Nun sah Matthias die Zeit für gekommen, nach altem Brauch mehrere Länder unter seinem Zepter zu vereinen. 1468 erklärte er dem Österreich verwüstenden böhmischen Königssohn Viktorin Podjebrad den Krieg. Unter den böhmischen Kronländern waren Mähren, Schlesien und die Lausitz immer katholisch geblieben. Die hiesigen Stände sowie die katholische Minderheit Böhmens boten Matthias die böhmische Krone an. 1469 wurde er im mährischen Olmütz zum König von Böhmen gewählt und trug den böhmischen Königstitel von da an bis zu seinem Lebensende. Über zwei Drittel der zur böhmischen Krone gehörenden Länder herrschte Matthias nun, doch Böhmen selbst konnte er nicht erobern.

Wegen der böhmischen Frage gestaltete sich das Verhältnis zu den Polen feindlich. Als Georg Podjebrad 1471 verstarb, wählten die böhmischen Stände Wladislaw, den Sohn des polnischen Königs Kasimir IV., zum König von Böhmen. Noch im gleichen Jahr erhob die Jagiello-Dynastie Anspruch auf die ungarische Krone. Während Matthias' Abwesenheit verschworen sich zahlreiche Angehörige des ungarischen Hochadels gegen den König; an ihrer Spitze der Esztergomer Erzbischof János Vitéz, einer der ältesten Mitstreiter der Familie Hunyadi. Die Gründe für diese Verschwörung sahen Zeitgenossen in der Zurücksetzung des Adels, den hohen Steuerlasten und der Einziehung von Kirchengütern. Die Verschwörer trugen dem Sohn des polnischen Königs, Herzog Kasimir, die Krone an.

Wie schon 1459 ersuchte Matthias seine Anhänger zunächst um ein Treuebekenntnis, erst dann bereitete er sich auf die Verteidigung des Landes vor. Die polnischen Truppen Kasimirs erwartete in Ungarn eine schmähliche Niederlage. János Vitéz starb in Gefangenschaft, und den Bischof von Pécs (Fünfkirchen), Janus Pannonius, ereilte auf der Flucht dasselbe Schicksal. Der größere Teil der Verschwörer erlangte mit der Zeit Begnadigung. Miklós Újlaki aber, der sich diesmal loyal verhalten hatte, wurde zum Dank König von Bosnien. 1474 schloß man mit den Polen Frieden, der sich jedoch nicht als dauerhaft erwies. Um den Besitz Schlesiens brach der Krieg neuerlich aus, und mit Friedrich III. begann der Kampf um das Königreich Böhmen, einem Lehen des Römischen Reiches Deutscher Nation.

Kaiser Friedrich belehnte 1477 zuerst Wladislaw mit dem Königreich Böhmen, doch nach den militärischen Erfolgen der ungarischen Streitmacht übertrug er das böhmische Lehen noch im selben Jahr Matthias. Praktische Ergebnisse zeitigte das allerdings nicht, da man keinen der beiden - obgleich sie doch Kurfürsten waren - zum Reichstag einlud. 1479 schlossen Wladislaw und Matthias in Olmütz Frieden: beide durften den böhmischen Königstitel tragen, aber Mähren, Schlesien und die Lausitz sollten Wladislaw erst nach Matthias' Tod gehören. Nachdem er das Verhältnis zu den Jagiellonen normalisiert hatte, wandte sich Matthias gegen die Habsburger. Sein Ziel war, das reiche Österreich und die Steiermark zu erobern.

Mit der Einnahme Wiens im Jahr 1485 hielt Matthias fast ganz Niederösterreich in der Hand, ab 1487 führte er den Titel Herzog von Österreich. Bei dem Ende 1485 in Ungarn einberufenen Landtag gewährte er den Ständen zwar geringfügige Vergünstigungen, baute ansonsten aber mit einer Gerichtsreform weiter das zentralisierte Staatswesen aus. Unter Albert, Wladislaw I., Ladislaus V. und Matthias herrschten die Könige Ungarns auch über andere Länder. Reiche im modernen Sinne kamen dennoch nicht zustande, da sie separat regiert wurden, worauf auch die jeweiligen Stände peinlich genau achteten. Matthias, der in Ungarn eine streng zentralistische Politik verfolgte, war den mährischen und österreichischen Ständen gegenüber zu wesentlich mehr Zugeständnissen bereit als in Schlesien, wo er als Despot auftrat.

Eine Dynastie konnte die Familie Hunyadi nicht gründen. Vermittelt von seinen Bevollmächtigten hatte Matthias 1474 die Tochter des neapolitanischen Königs, Beatrix von Aragonien, geheiratet. Doch die Ehe blieb kinderlos, weshalb der König in seinen letzten Lebensjahren hauptsächlich darauf hinarbeitete, dem außerehelich geborenen, bei Hofe erzogenen Sohn János (Johannes) Corvin sein Erbe zu sichern. Der auserwählte Thronfolger bekam die riesigen Hunyadi-Besitzungen, wurde Eigentümer aller Güter, die wegen Hochverrats oder auf anderem Weg an den König gefallen waren, und das Kommando in den Burgen vertraute man Matthias' Getreuen an. Neben dem Titel der Grafschaft Hunyad durfte János Corvin auch den bis dahin unbekannten Herzogstitel von Liptó tragen.

Die Jagiellonenzeit

Auf diplomatischem Wege war es Matthias nicht gelungen, das Thronfolgerecht des Herzogs anerkennen zu lassen. Deshalb ließ er die an seinem Sterbelager weilenden Barone schwören, daß sie János Corvins Thronfolge unterstützen würden. Zum Landtag versammelten sich im Mai des Jahres 1490 auf dem Rákosfeld neun- bis zehntausend Mitglieder des Adelsstandes, um den neuen König zu wählen. Auch die Abgesandten der Städte waren nach fünfzehnjährigem Fernbleiben erstmals wieder vertreten. Vier Anwärter wetteiferten darum, Matthias' Erbe anzutreten: János Corvin, der deutsch-römische König Maximilian sowie zwei Brüder aus dem Hause der Jagiellonen, der böhmische König Wladislaw und sein Bruder, Herzog Johann Albert. Wer von den vier Kandidaten in die engere Wahl kommen wollte, mußte die Voraussetzungen erfüllen, daß er mit Matthias' bisheriger Innenpolitik brach und im Interesse des wirksameren Schutzes gegen die Türken Beziehungen zu irgendeinem anderen Reich gewährleistete.

Maximilian, der etwa zur gleichen Zeit Herr über Tirol wurde, berief sich auf die Erbschaftsregelung des Vertrages von 1463. Allzuviel Unterstützung fand er jedoch nicht. Denn die ungarischen Stände sahen in ihm einmal den Vertreter des besiegten Österreich, zum anderen gefiel es ihnen nicht, daß er ihrem Recht zur Königswahl seinen Anspruch auf das Erbe gegenüberstellte. Darüber hinaus befürchteten sie, daß die westlichen Interessen seine Aufmerksamkeit zu stark in Anspruch nehmen würden. Johann Albert war wegen seiner früheren militärischen Erfolge gegen die Tataren besonders in Adelskreisen beliebt. Auch sein Vater, der polnische König Kasimir IV., befürwortete seine Wahl. Die Vertreter des Adels riefen also Johann Albert zum König aus, doch das Ende des Landtages warteten sie nicht ab. Angesicht der bevorstehenden Erntearbeiten reiste ein Großteil von ihnen heim.

Um mit János Corvin abzurechnen, griffen die Anhänger der Partei Wladislaws zu den Waffen. Das Gefolge des Herzogs, der die königliche Schatzkammer geleert hatte und zu seinen Parteigängern in den südlichen Landesteil zog, wurde auf dem sog. Beinfeld im Komitat Tolna von Pál Kinizsi und dem siebenbürgischen Woiwoden István Báthori in die Flucht geschlagen. In dem Ort Farkashida im Komitat Preßburg, nahe der mährischen Grenze, akzeptierte Wladislaw die Wahlkonditionen. Er versicherte, daß er den schädlichen Neuerungen Matthias' und der Einziehung der Ein-Forint-Abgabe ein Ende setzen werde. Diese Konditionen unterschieden sich nicht wesentlich von den Versprechungen, die Albert oder Matthias bei ihrer Thronbesteigung abgegeben hatten, und sie entsprachen den allgemeinen Anforderungen des europäischen Ständewesens. Aber Wladislaw II. löste sie auch mehr oder weniger ein.

Mit János Corvin konnte Wladislaw II. sich einigen. Die beiden anderen Thronprätendenten hingegen bereiteten ihm im ersten Jahr seiner Herrschaft noch viel Bekümmernis. Die polnischen Truppen Johann Alberts nahmen Preschau ein und belagerten Kaschau. Als es Herbst wurde, verlor Ungarn die Herrschaft über Österreich, die Steiermark und Kärnten. Maximilian zog ungehindert durch Transdanubien und besetzte im November 1490 sogar Székesfehérvár (Stuhlweißenburg). Noch am Jahresende eröffnete Wladislaw eine Offensive, um das Reich an sich zu bringen.

Zunächst vertrieb er seinen Bruder aus dem Land. Dieser kam zwar in der zweiten Hälfte des Jahres 1491 noch einmal zurück, erlitt dabei jedoch eine endgültige Niederlage. Maximilians Söldner, die keinen Sold erhielten, wurden langsam aufgerieben und gaben Székesfehérvár im Sommer 1491 auf. Danach blieb Wladislaw sogar noch die Kraft, in Bosnien den Türken gegenüber zu treten. Um seine Herrschaft zu sichern, schloß er im November in Preßburg Frieden mit Maximilian. Bei dieser Gelegenheit erneuerten sie den Vertrag von 1463, Maximilian durfte den ungarischen Königstitel behalten, und die ungarischen Barone leisteten einen Eid, daß sie seine Erbschaftsrechte in Ehren halten.

Weiters regelte der Preßburger Friedensvertrag, daß die Habsburger Ungarn und Böhmen erben sollten, sofern Wladislaw II. ohne rechtmäßigen männlichen Nachkommen stürbe. Darüber hinaus gab Wladislaw die noch in seiner Hand befindlichen österreichischen Burgen zurück. Die folgende Jahre der Herrschaft Wladislaws waren friedliche Jahre. Solange der König in Böhmen weilte, traten die Palatine als Statthalter an seine Stelle. Die Mitwirkung der Stände in Reichsangelegenheiten wurde zu etwas alltäglichem. Ab 1498 wählte man Vertreter des Adels als ständige Beisitzer in den Kronrat. In der Finanzverwaltung - die bis dahin ausschließlicher Kompetenzbereich des Königs war - versuchte man, die königlichen und Landeseinkünfte zu trennen, und mitunter wurde aus den Reihen der Stände neben dem königlichen ein gesonderter Schatzmeister bestellt.

Die Jagiellonen setzten Matthias' Türkenpolitik fort. Abgesehen von einigen kurzen Unterbrechungen herrschten von 1495 bis 1520 friedliche Zustände. Doch in der Praxis war in der südlichen Grenzregion ein Stellungskrieg im Gange, der Sirmien, die wirtschaftlich am weitesten entwickelte Gegend des mittelalterlichen Ungarn, fortwährend schwächte. Die noch immer ungelöste Frage von Wladislaws Erbe regelte sich, als ihm aus der Ehe mit Anna Candale zwei Kinder geboren wurden: Anna und Ludwig. Leitgedanke des Adelsstandes war die Nationalpolitik. Bei dem vor der Geburt Ludwigs, im Jahr 1505, stattgefundenen Landtag erklärten die Vertreter dieses Standes, daß sie, sollte Wladislaw kein Sohn geboren werden, nur einen Ungarn zum König wählen würden. Die Proklamierung des nationalen Königtums als obersten Grundsatz richtete sich gegen die Habsburger.

Wladislaw bekräftigte den später unter dem Namen "Rákoser Entscheid" bekannt gewordenen Beschluß nicht. Um seine Ungültigkeit zu erwirken, schlossen er und Maximilian 1506 als Vertreter der Habsburger und Jagiellonen sogar einen Erbschaftsvertrag. Darin hieß es, daß sein Sohn, wenn ihm denn einer geboren würde, Maximilians Enkelin Maria zur Frau nimmt, und seine Tochter dessen anderen Enkel Ferdinand heiratet. Nachdem Wladislaw II. bereits einen Schlaganfall erlitten hatte, bestimmte der Vertrag für den Fall seines Todes Maximilian zum Vormund seiner Kinder, und wenn er ohne Thronerben sterben würde, sollten die Habsburger den Thron erben. 1515 bekräftigten Polens König Sigismund I., Wladislaw II. und Maximilian in Wien die Übereinkunft. Vormund Ludwigs wurden Maximilian und Sigismund, und wenige Tage später fand im Wiener Stephansdom die Doppelverlobung statt.

1514 brach der größte Bauernaufstand in der ungarischen Geschichte, der von György Dózsa geführte Bauernkrieg aus. Im Jahr zuvor hatte Papst Leo X. einen Kreuzzug gegen die Türken verkündet. Bevollmächtigter des Papstes für den Kreuzzug war sein Legat, Kardinal Tamás (Thomas) Bakócz, seine Organisierung oblag Franziskanern des Observantenzweiges. Sie lieferten auch die Ideologie, als der geplante Kreuzzug sich in einen Bauernkrieg verwandelte. In den festgelegten Sammellagern trafen vorwiegend Leibeigene ein, mit der Führung des Heeres betraute man György (Georg) Dózsa, einen aus dem Szeklerland stammenden Offizier einer Grenzburg. Als die Plünderungen der sich versammelnden Truppen Ausmaße annahmen, die alles übertrafen, was man in diesem Zeitalter gewohnt war, wurde Ende Mai zunächst die Rekrutierung eingestellt und anschließend der Kreuzzug ganz abgeblasen.

Danach machten sich die Kreuzfahrer selbständig. Die Hauptstreitmacht unter Führung György Dózsa's tötete den Bischof von Csanád (Tschanad), nahm Lippa ein und zog dann weiter, um Temeschwar zu belagern. Der König begann erst Anfang Juni, ein Heer gegen die Aufständischen zusammenzuziehen. Ende Juni schlug es die in der Umgebung von Pest und im Komitat Heves stationierten Kreuzfahrerverbände. Das Heer Dózsa's wurde bei Temeschwar vom siebenbürgischen Woiwoden János Szapolyai besiegt. György Dózsa und andere Anführer des Bauernaufstandes richtete man hin, doch der größte Teil der Kreuzfahrer konnte unbehelligt nach Hause ziehen. Eine spätere Bestrafung der an Morden oder Plünderungen beteiligten Leibeigenen verhinderten ihre Grundherren.

Als der Bauernkrieg ausbrach, erfaßte er nicht das ganze Königreich. Die Bauernschaft Transdanubiens, des größeren Teils des Oberlandes und Siebenbürgens sowie Slawoniens nahm nicht an den Kämpfen teil. In besonders großer Zahl beteiligten sich dagegen die Ackerbürger der wohlhabenderen Marktflecken des Tieflandes, überhaupt der von Rinderhaltung lebenden Bevölkerung der Großen Ungarischen Tiefebene. Der Ausbruch des Bauernkrieges läßt sich nicht unmittelbar auf soziale Ursachen oder eine Handelskrise zurückführen, sondern auf die Überzeugung der bereits unter Waffen stehenden Kreuzfahrer, daß die Adligen, die ihre Privilegien auf ihre im Kampf errungenen Verdienste gründeten, nicht für den Schutz des Landes und ihrer Leibeigenen gesorgt hatten. Aus ähnlichen Gründen war es 1478 auch in Innerösterreich zu einem Bauernaufstand gekommen.

Nach Wladislaw II. bestieg den Thron sein zehnjähriger Sohn, Ludwig II. Während seiner Herrschaftszeit erstarkte das Ständewesen weiter, aber auch die türkische Gefahr wurde immer drohender. Im Jahr 1518 verließen die Vertreter des Adels den Landtag auf dem Rákosfeld und riefen in Tolna einen eigenen Landtag zusammen. Ihr Wortführer, István Werbõczy, forderte vom König einen Feldzug gegen die Türken. Doch 1519 gelang es noch einmal, zum letztenmal, für drei Jahre Frieden mit den Türken zu schließen. 1520 trat ein neuer Sultan an die Spitze des Osmanischen Reiches: Suleiman der Große. Und als man den zwecks Verlängerung des Friedensvertrages in Buda weilenden Gesandten, Behram Tschauß, gefangen setzte, startete der Sultan seine Offensive gegen Ungarn. 1521 fiel Belgrad.

Ludwig II. wollte zuerst in der Innenpolitik Ordnung schaffen. 1523 versuchte er die königliche Macht in Böhmen und Ungarn wieder zu stärken, allerdings erfolglos. Auch der internationale Zusammenschluß gegen die Türken mißlang: Polen schloß mit den Osmanen ein Jahr vor der Schlacht bei Mohács Frieden, und zur gleichen Zeit verließen auf Forderung des traditionell fremdenfeindlichen Adels die deutschen und venezianischen Gesandten das Land. Allein vom Papst durfte Ungarn finanzielle Unterstützung erwarten. 1526 griff die Streitmacht des Sultans an, und auf dem Schlachtfeld bei Mohács wurde das königliche Heer vernichtend geschlagen. Unter den Gefallen war auch König Ludwig II.

KRIEGSGESCHICHTE

Die Heeresorganisation

Im 15. Jahrhundert änderte sich die Heeresorganisation von Grund auf. Die Rolle der Adligen als Kriegführende wurde in den Hintergrund gedrängt und die alten Formen der Mobilisierung, wie in Ungarn z.B. das den gesamten Adel zu den Fahnen rufende allgemeine Aufgebot, begannen an Bedeutung zu verlieren. Das zeitgenössische ungarische Heer setzte sich aus drei Hauptbestandteilen zusammen: den Banderien des Königs, der Barone bzw. Prälaten und der Komitate. Nach den Reformen Sigismunds ging erst Matthias wieder an eine Umgestaltung der Heeresorganisation. Diejenigen Barone und Prälaten, die selbst Banderien aufstellten, nannte man Bannerherren. Ab 1498 zogen sie die Hälfte der Kriegsabgaben ein, die sie zur Ausrüstung ihrer Banderien verwendeten. Die andere Hälfte floß in die königliche Schatzkammer.

Den größeren Teil des von den Bannerherren und Komitaten aufgebotenen Militärs machte das Kriegsvolk der Grundbesitzungen aus. Wenn es zur allgemeinen Mobilmachung kam, schlossen sich die Adligen den Komitatsbanderien an. Als modern galt in diesem Zeitalter ein Heer, das zum Teil aus einer ständigen Söldnertruppe bestand. In Ungarn stellte Matthias Hunyadi Mitte der 1460er Jahre ein solches Söldnerheer auf, dessen Grundstock der zu Matthias übergelaufene Giskra mit seinen Söldnern bildete. Wirkliche Bedeutung erlangte es jedoch im Laufe der böhmischen Kriege, als der Söldnerführer Frantisek Hag im Dienste des Königs ein ständiges, ca. acht- bis zehntausend Mann zählendes Söldnerheer organisierte. Die überwiegende Mehrheit der Söldner kam aus Böhmen und Polen.

Nach Matthias' Tod bezeichnete man einen Teil des Söldnerheeres als schwarze Armee, welchen Namen es von einem der Söldnerkapitäne, dem "schwarzen" Haugwitz, erhielt. Diese Söldnertruppen eigneten sich nur zum Einsatz auf dem westlichen Kriegsschauplatz. Auch Wladislaw II. setzte sie gegen Maximilian und Johann Albert ein. Doch sobald es nichts mehr für sie zu tun gab und ihr Sold ausblieb, begannen sie zu plündern. Danach beorderte man sie an die Südgrenze, wo sie sich, anstatt das Reich gegen die Türken zu verteidigen, wiederum aufs Plündern verlegten. 1492 gelang es Pál Kinizsi, das Söldnerheer zu bezwingen. Wer von seinen Angehörigen am Leben blieb, wurde nach Österreich abgeschoben. Söldner dienten auch unter den Jagiellonen im ungarischen Heer, allerdings nicht ständig und nicht in so großer Zahl.

Mit dem zweiten Österreichfeldzug, den Matthias 1482 eröffnete, begann auch in Ungarn die Zeit der aus Kampflust geführten Kriege. Ihr Ziel war es, neben den allgemein formulierten Eroberungsansprüchen, das ständige Heer unter Waffen zu halten. Für den Unterhalt des Militärs mußte das eroberte Gebiet sorgen. Im Zeitalter der Jagiellonen lebte Ungarn mit seinen nördlichen und westlichen Nachbarn in Frieden. Garantien für das friedliche Verhältnis waren im Falle Böhmens der gemeinsame Herrscher, im Falle Polens die verwandte Dynastie und im Falle der habsburgischen Länder - von einer kurzen Kriegsvorbereitung 1506 abgesehen - die dynastischen Verträge.

Das Heer unterteilte sich in fünf Waffengattungen. Der leichten Reiterei fiel in erster Linie auf dem türkischen Kriegsschauplatz eine wichtige Rolle zu. Ein Großteil der ihr angehörenden Husaren war südslawischer Abstammung. Die schwere Reiterei wurde hauptsächlich bei Schlachten im offenen Gelände eingesetzt. Die Fußtruppe versah überwiegend Verteidigungsaufgaben, den hussitischen Wagenburg-Kampfstil wandten die ungarischen Infanteristen kaum an. Die Bedeutung der Artillerie wuchs nur langsam, denn zu Beginn des Zeitalters konnte man bei der Belagerung von Burgen die Belagerungsmaschinen noch besser verwenden als Kanonen. Der Bootstreitmacht oblag es, den unteren Abschnitt der Donau zu verteidigen.

Nach Matthias' Tod bezeichnete man einen Teil des Söldnerheeres als schwarze Armee, welchen Namen es von einem der Söldnerkapitäne, dem "schwarzen" Haugwitz, erhielt. Diese Söldnertruppen eigneten sich nur zum Einsatz auf dem westlichen Kriegsschauplatz. Auch Wladislaw II. setzte sie gegen Maximilian und Johann Albert ein. Doch sobald es nichts mehr für sie zu tun gab und ihr Sold ausblieb, begannen sie zu plündern. Danach beorderte man sie an die Südgrenze, wo sie sich, anstatt das Reich gegen die Türken zu verteidigen, wiederum aufs Plündern verlegten. 1492 gelang es Pál Kinizsi, das Söldnerheer zu bezwingen. Wer von seinen Angehörigen am Leben blieb, wurde nach Österreich abgeschoben. Söldner dienten auch unter den Jagiellonen im ungarischen Heer, allerdings nicht ständig und nicht in so großer Zahl.

Mit dem zweiten Österreichfeldzug, den Matthias 1482 eröffnete, begann auch in Ungarn die Zeit der aus Kriegslust geführten Kriege. Ihr Ziel war es, neben den allgemein formulierten Eroberungsansprüchen, das ständige Heer unter Waffen zu halten. Für den Unterhalt des Militärs mußte das eroberte Gebiet sorgen. Im Zeitalter der Jagiellonen lebte Ungarn mit seinen nördlichen und westlichen Nachbarn in Frieden. Garantien für das friedliche Verhältnis waren im Falle Böhmens der gemeinsame Herrscher, im Falle Polens die verwandte Dynastie und im Falle der habsburgischen Länder - von einer kurzen Kriegsvorbereitung 1506 abgesehen - die dynastischen Verträge.

Das Heer unterteilte sich in fünf Waffengattungen. Der leichten Reiterei fiel in erster Linie auf dem türkischen Kriegsschauplatz eine wichtige Rolle zu. Ein Großteil der ihr angehörenden Husaren war südslawischer Abstammung. Die schwere Reiterei wurde hauptsächlich bei Schlachten im offenen Gelände eingesetzt. Die Fußtruppe versah überwiegend Verteidigungsaufgaben, den hussitischen Wagenburg-Kampfstil wandten die ungarischen Infanteristen kaum an. Die Bedeutung der Artillerie wuchs nur langsam, denn zu Beginn des Zeitalters konnte man bei der Belagerung von Burgen die Belagerungsmaschinen noch besser verwenden als Kanonen. Der Bootstreitmacht oblag es, den unteren Abschnitt der Donau zu verteidigen.

Die Türkenkriege

In den 1420er Jahren organisierte König Sigismund das politisch-militärische Verteidigungssystem gegen die Türken um. Bis dahin hatten die Pufferstaaten (Walachei, Serbien, Bosnien) Ungarn und Kroatien vor den Osmanen geschützt. Von da an fiel diese Aufgabe den Grenzburgen zu. Unter König Matthias wurde die doppelte Linie des Grenzburgensystems endgültig ausgebaut, das bis 1521 bestand. Die äußere Linie verlief von Sewerin über Orsova - Belgrad - Schabatz - das Sreberniker Banat - Banja Luka - Jajca - Knin - Klissa nach Szkardona, die innere Linie von Temeschwar über Karánsebes - Lugos - Sirmien - Dubica - Kruppa - Otocsác nach Zeng.

Im Jahr 1439 okkupierte das Osmanische Reich erstmals Serbien. 1444 erhielt György Brankovics zwar sein Land zurück, doch 1455 fielen Südserbien und 1459 die Residenz des Despoten, Szendrõ (Smeredowo), für Jahrhunderte in türkische Hand. 1439 drangen die Türken, den geschwächten inneren Zustand des Reiches ausnutzend, auch in den Komitaten Krassó und Keve sowie in Siebenbürgen ein. Erst 1442 konnte Ungarn die Initiative wieder an sich reißen, als das osmanische Heer in Karamanien beschäftigt war. Der von János Hunyadi angeführte sog. lange Feldzug im Winter 1443-1444 und der Feldzug des Jahres 1444 (der mit der Schlacht bei Varna, sowie der 1448 folgende Feldzug, der mit der Schlacht auf dem Amselfeld endete) brachten keine sonderlichen Erfolge.

Nach Hunyadis langem Feldzug traten der Papst, Wladislaw I., der Herzog von Burgund, Venedig und Genua in einen gemeinsamen Krieg gegen die Türken ein. Das Ziel war, die osmanische Herrschaft auf der ganzen Balkanhalbinsel zu beenden. Der Kriegsplan sah vor, daß die Galeeren der Seemächte die Dardanellen abriegeln. Die zu Lande kämpfenden Truppen hingegen sollten der europäischen (rumelischen) Streitmacht der Osmanen den Rückzug abschneiden und sie vernichten. Die Seesperre mißlang jedoch, und Sultan Murad konnte an der Meerenge übersetzen. Dort vereinigte er seine anatolischen und rumelischen Truppen, die am 1. November 1444 bei Varna das polnisch-ungarisch-walachische Heer besiegten.

Serbien bestand zwar noch für kurze Zeit als türkischer Vasallenstaat, doch die ungarischen Positionen auf der Balkanhalbinsel ließen sich nicht mehr zurückerobern. Als Sultan Mehmed II. 1456 zur endgültigen Niederringung Serbiens aufbrach, wollte er auch das einstmals dazugehörige Belgrad einnehmen. Schon seit Byzanz im Jahr 1453 gefallen war, organisierte man auf Initiative des Papstes einen Kreuzzug gegen die Türken, für den in Ungarn János Kapisztrán die Werbetrommeln rührte. Zur Unterstützung der Gebete um Erfolg der Kreuzfahrer ordnete der Papst an, jeden Tag zur Mittagszeit die Glocken zu läuten. Der Sieg von Nándorfehérvár (Belgrad) war János Hunyadis größter Triumph, und zugleich das einzige mal, daß die Streitmacht des Sultans vom mittelalterlichen Heer des Königreiches Ungarn geschlagen wurde.

1463 fiel das unabhängige Bosnien. Nach dem Abzug der sultanischen Truppen führte Matthias noch im Winter des gleichen Jahres persönlich einen Feldzug in die frisch unterworfene Provinz. Er besetzte Jajca, Kljuc und Banja Luka. Anschließend teilten Türken und Ungarn Bosnien unter sich auf. Von da an diente es nicht mehr als Pufferstaat, sondern war durch sein vorgeschobenes Grenzburgensystem ein Instrument der Verteidigung. Miklós Újlakis bosnisches Königreich wurde nicht wirklich zu seinem Land, und auch die bosnischen Bane waren keine Barone, sondern einfache Militärbefehlshaber. Jajca blieb bis 1527 in ungarischer Hand, doch in den letzten Jahren konnte man seine Versorgung nur mehr durch richtiggehende Feldzüge sichern.

Westliche Ausrichtung: böhmische und österreichische Kriege

Der auf die Eroberung der böhmischen Kronländer abzielende Krieg nahm 1468 seinen Anfang. Im ersten Jahr besetzte Matthias Mähren, im folgenden einen Großteil Schlesiens. Bis dahin hatte sich aber bereits herausgestellt, daß es ein langer Krieg zu werden versprach. Denn bei Magyarbród beschieden die Böhmen und Mähren dem ungarischen Heer eine Niederlage. Das Jahr 1470 verging unter Feldzügen mit wechselndem Erfolg. Podjebrad verbreitete Unruhe in Matthias' Ländern, der ungarische Könige versuchte - erfolglos -, die böhmischen Silbergruben in seine Gewalt zu bringen. Der Feldzug verwandelte sich in einen gegenseitigen Stellungskrieg, welcher in bedeutendem Maße dazu beitrug, daß es 1471 zu der Verschwörung in Ungarn kommen konnte.

1474, als Friedrich III. und Böhmens König Wladislaw sich gegen Matthias verbündeten, brach der Krieg erneut aus. Auch die Polen schlossen sich ihm an, obgleich seit dem Friedensvertrag von Ófalu noch nicht ganz ein Monat verstrichen war. Der ungarische König ließ den Nachschub vor den böhmisch-polnischen Truppen in den befestigten Burgen und Städten in Sicherheit bringen, von wo seine Söldner ständig Ausfälle gegen den Feind unternahmen. Matthias zog sich nach Breslau (das heutige Wroclaw) zurück, und hier wurde während der Belagerung der Stadt auch seine Verlobung mit Beatrix bekanntgegeben. Bei den ständigen Ausfällen konnten die ungarischen Soldaten viele Gefangene machen, und schließlich boten - auf in der Kriegsgeschichte ungewohnte Weise - die mit Verpflegungsmangel kämpfenden Belagerer den Belagerten einen Waffenstillstand an.

Auch bei dem 1482 eröffneten Österreichfeldzug kamen größtenteils Söldner zum Einsatz. Gekämpft wurde um den Besitz der Burgen, die nur einzeln und erst nach langwieriger Belagerung erobert werden konnten. In den beiden ersten Jahren beschränkte sich der Krieg zum Gutteil auf Niederösterreich, die Stände von Kärnten allerdings hatten mit Matthias schon 1482 einen Sonderfrieden geschlossen. 1483 besetzten die ungarischen Truppen Klosterneuburg bei Wien, der Kaiser brachte sich im steirischen Graz in Sicherheit. Im darauffolgenden Jahr überfielen sie zwar auch die Steiermark und Kärnten, doch der Hauptkriegsschauplatz blieb Niederösterreich. Im Januar 1484 schloß sich dann der ungarische Belagerungsring um Wien.

Die Ausdauer der Verteidiger war vergeblich, nach mehrmonatiger Belagerung kapitulierte die ausgehungerte Stadt. Am 1. Juni 1485 hielt Matthias in der Hauptstadt Einzug, wo er die Huldigung der österreichischen Stände entgegennahm und von wo aus er das neueroberte Land regierte. Damit war der Krieg aber noch nicht zu Ende. Die Verteidiger von Wienerneustadt ergaben sich den Ungarn erst 1487, und erst danach galt der Österreichfeldzug praktisch als beendet.

Kriege gegen die Türken

Im Zeitraum von der Mitte der 1460er Jahre bis 1521 kam es nur selten zu offenen Kampfhandlungen zwischen Türken und Ungarn. Dieser scheinbare Frieden war in Wirklichkeit ein Stellungskrieg. Mit der Okkupierung der Herzegowina ging auch der letzte Pufferstaat auf der westlichen Balkanhalbinsel verloren. Ein sultanisches Heer griff das Königreich nicht an, militärische Manöver wurden nur von den benachbarten Begs angeführt. Da die Entfernung zwischen den Grenzburgen groß war, konnten türkische Truppen mehrmals in Ungarn eindringen. 1474 und 1490 gelangten sie bis nach Wardein. 1479 verwüsteten sie Siebenbürgen, mußten dabei aber in der Schlacht auf dem Brotfeld eine Niederlage einstecken. Im Gegenzug startete Matthias 1480 an drei Fronten - in der Walachei, in Serbien und Bosnien - einen Vergeltungsfeldzug.

König Matthias nutzte die osmanischen Feldzüge auch als Druckmittel gegen Friedrich III. Er ließ die zwischen 1470 und 1480 in Innerösterreich umherstreifenden türkischen Truppen unbehelligt durch Ungarn ziehen. Zur Jagiellonenzeit forderten deshalb die Habsburger, ebenfalls in das ungarisch-türkische Friedensabkommen einbezogen zu werden. Der kroatische Grenzschutz steckte schon in den letzten zehn Jahren des 15. Jahrhunderts tief in der Krise, und 1493 erlitt das kroatische Heer in der Schlacht bei Udbinja eine schwere Niederlage.

Die Walachei konnte ihre Unabhängigkeit bewahren, da sie für die Expansionsinteressen der osmanischen Macht in einer weniger wichtigen Richtung lag. Allerdings leisteten die walachischen Woiwoden schon vom Ende des 14. Jahrhunderts an mehr oder weniger regelmäßig Abgaben an die Türken. Zuweilen unterwarfen sie sich dem ungarischen König oder schlossen mit ihm ein Bündnis, was sich jedoch auf immer kürzere Zeiträume beschränkte. Das im polnischen Einflußbereich gelegene Moldau widerstand dem Druck der Türken länger. Aber nach dem Tod des Großfürsten Stephan wurde es von den Osmanen ebenfalls unterworfen.

Ungarn entschied sich 1520 nicht eindeutig für den Krieg, doch für Suleiman waren die unfreundlichen ungarischen Schritte ausreichender Kriegsanlaß. Angesichts der dauernden Verwüstungen im südlichen Landesteil überlegten sich die Ungarn dann, daß ein Krieg immer noch besser sei als ein verheerender Friede. Im Juni 1521 setzte der Sultan sein Heer gegen Ungarn in Marsch. Es nahm Schabatz ein, und Zimony ergab sich. Nach 66tägiger Belagerung kapitulierte auch Nándorfehérvár (Belgrad). Nachdem er die Burg erobert hatte, trat der Sultan den Heimweg an. Seine vor Ort stationierten Kräfte verbreiterten an diesem Frondabschnitt den in die ungarische Grenzburgenlinie geschlagenen Keil, wobei sie Orsova, Sewerin und im Westen Knin sowie Scardona besetzten.

Nach 1521 war das Königreich Ungarn nicht mehr in der Lage, sich zu schützen. Sirmien wurde infolge der ständigen Kämpfe innerhalb von wenigen Jahren vernichtet. Den nördlicher gelegenen Gebieten boten die Donau und die zweite Befestigungslinie noch einigermaßen Schutz. Die Habsburger leisteten zur Verteidigung Kroatiens ab 1522 regelmäßig militärische und finanzielle Hilfestellung. Das hat wesentlich dazu beigetragen, daß die kroatischen Stände nach der Schlacht bei Mohács Ferdinand zum König wählten, und den habsburgischen Herrschern gegenüber auch später größere Treue bewiesen als die Ungarn.

Im Jahr 1526 zog die sultanische Streitmacht erneut gegen Ungarn ins Feld. Diesmal mit dem Ziel, das königliche Heer zu vernichten. Die ungarischen Truppen versammelten sich bei Tolna, wo auch die mit päpstlichem Geld rekrutierten böhmischen Söldner eintrafen. Zu Feldherren wählte man den Erzbischof von Kalocsa, Pál Tomori, der früher die Verteidigung im südlichen Landesteil organisiert hatte, sowie György Szapolyai. Die von János Szapolyai entsandten siebenbürgischen und die kroatischen Truppen Kristóf Frangepáns trafen nicht ein. Das Türkenheer eroberte Pétervárad und Újlak, schlug bei Eszék eine Brücke und setzte über die Drau. Am 29. August 1526 kam es bei Mohács zur entscheidenden Schlacht, die für das ungarische Heer mit einer katastrophalen Niederlage endete.

GESELLSCHAFT

Die Bewohner des Landes

Wie in Westeuropa wurden auch in Ungarn die Klassen bzw. Gruppen der Gesellschaft als Stände und die Zugehörigkeit zu einem Stand als Situation bzw. Stellung bezeichnet. Der Stand bedeutete die Gemeinschaft derer, die übereinstimmende Rechte beanspruchen durften, wobei der Vermögensunterschied zwischen den Angehörigen ein und desselben Standes mitunter sehr groß sein konnte. Die gesellschaftliche Stellung entschied sich bei der Geburt (eine Ausnahme bildete lediglich der Stand der Geistlichen), die Bewegungsmöglichkeiten innerhalb dieses Systems waren gering. Die Privilegien der sozialen Gruppen nannte man Freiheiten, wie man z.B. von den Freiheiten des Adels sprach. Das Ende des Mittelalters war die Zeit der gesellschaftlichen Erstarrung. Die trennenden Mauern zwischen den Ständen festigten sich und blieben in einigen Fällen sogar bis 1848 unverändert.

Ähnlich wie in früheren Jahrhunderten kann die Einwohnerzahl des Landes auch in diesem Zeitalter nicht exakt festgestellt, sondern lediglich geschätzt werden. Der Schatzmeister Zsigmond Ernuszt verfertigte 1494-1495 eine Aufstellung über die Einnahmen und Ausgaben des Königreiches. Aus dieser Quelle wurde verschiedentlich schon auf eine Bevölkerungszahl von drei, ja sogar fünf Millionen gefolgert. Der wahrscheinlichsten Schätzung nach dürfte Ungarn damals (zusammen mit Siebenbürgen und Slawonien) etwa 4 bis 4,5 Mio. Einwohner gehabt haben. Noch weniger lassen sich Schwankungen in der Bevölkerungszahl bestimmen. Insgesamt ist mit einem niedrigen Zuwachs und zuweilen mit Stagnation zu rechnen.

Im behandelten Zeitabschnitt wüteten in Ungarn keine so schweren Epidemien oder Hungersnöte, die große demographische Veränderungen hervorgerufen hätten. Die Angaben zur Größe der Haushalte weichen stark voneinander ab: Demnach lebten beispielsweise in den 1520er Jahren in einem Dorf im Komitat Hont 7,6 Personen, wenige Jahrzehnte später in einem Dorf im Komitat Sopron (Ödenburg) 6,3 und im damaligen Marktflecken Szigetvár 13 Personen in einem Haushalt. Dazu zählte man außer den Familienmitgliedern auch die Dienstboten.

Der Adel

An der Spitze der weltlichen Gesellschaft standen die Barone. Zu Beginn des Zeitalters verbargen sich hinter diesem Begriff noch ausschließlich die Würdenträger des Königs- und Königinnenhofes. Doch einige Jahrzehnte später bezeichnete er bereits eine soziale Gruppe, der man in erster Linie durch Geburt angehörte. Auch vorher schon wurden zwar die Söhne von Baronen zumeist Barone und erbten die Besitzungen ihrer Väter. Solange sie jedoch kein Amt erhielten, durften sie weder den Namen Baron, noch die Anrede Hochwohlgeboren für sich beanspruchen. Zur Jagiellonenzeit unterschied man dann schon zwischen den wirklichen Baronen - sie waren die Hauptwürdenträger des Reiches - und den natürlichen Baronen, die auch Freiherren oder Magnaten genannt wurden.

Ein Gesetz des Jahres 1498 gab die zur Aufstellung von Banderien verpflichteten Bannerherren bereits namentlich an. Magnaten, die nicht in diesen auf Vermögensgrundlage festgelegten inneren Kreis gelangten, waren vom Hochadel praktisch ausgeschlossen. Bis dahin hatte Hochadel soviel wie Baron bedeutet, nur einige kroatische und Familien deutscher Abstammung führten den Grafentitel. Doch von da an bürgerte sich langsam, im Ergebnis der für politische Verdienste vergebenen Titel, auch der ungarische Grafentitel ein. So erhielten z.B. János Hunyadi und dann Mihály Szilágyi den Grafentitel von Bistritz/Nösen oder die Mitglieder der Familie Szapolyai den Titel der Zipser Grafen.

Als Hauptwürdenträger des Reiches zählten der Palatin, der Oberste Richter, die Bane von Slawonien und Dalmatien-Kroatien, der Siebenbürger Woiwode, der Gespan des Szeklerlandes, die Bane von Matschow und Sewerin, die Türhüter, Truchsesse, Mundschenke, Marschälle des Königs und der Königin sowie die Gespane von Preßburg und Temesch. Ihre Rechte wichen nur in vier Punkten von den allgemeinen Adelsprivilegien ab: Sie zogen unter eigenen Fahnen in den Krieg, ihr Eid wog den Eid von zehn Adligen auf, ein Eid gegen sie galt nur, wenn ihn einhundert Edle leisteten, und ihren Witwen stand eine Morgengabe von einhundert Mark zu.

Angehörige des niederen Adels wurden damals ebenfalls als Adlige bezeichnet. Was ihre Vermögenslage anbelangt, gab es unter den adligen Grundherren große Unterschiede. Hierzu zählten die mitunter die Baronswürde bekleidenden, eine Burg und die dazugehörigen Dörfer besitzenden, Handel treibenden Adelsherren ebenso wie die Vertreter des niederen Adelsstandes, denen nur zwei oder drei Höfe mit Leibeigenen gehörten. Die Zeitgenossen nannten die obere Schicht der Grundherren "besser situierte Adlige", und diese Kategorie wurde ohne genaue zahlenmäßige Begrenzung angewandt. Ihr Wort entschied in Komitatsangelegenheiten, ihre Meinung war ausschlaggebend für die Stellungnahmen der am Landtag teilnehmenden Adelsvertreter.

Mit dem höchsten Anteil waren im Adelsstand diejenigen Adligen vertreten, welche lediglich ein Grundstück ihr Eigen nennen durften, über das sie jedoch nach dem gleichen Adelsrecht verfügten wie der mächtigste Baron über seinen ein halbes Komitat ausmachenden Grundbesitz. Seit der von Matthias eingeführten Steuerreform wurden Adlige mit einem Grundstück besteuert, wogegen sie allerdings häufig protestierten. Auch erfolgte die Steuereinziehung nicht immer regelmäßig. Ihre überwiegende Mehrheit lebte unter bäuerlichen Verhältnissen, zu den Landtagen mußten sie nicht persönlich erscheinen, und ihr geringer politischer Einfluß beschränkte sich auf Komitatsangelegenheiten.

Gern beriefen Adlige sich auf die Gleichheit der Adelsprivilegien, worunter sie verstanden, daß jedem Adligen des Reiches ein und dieselben Rechte gebührten. Das Tripartitum von Werbõczy faßte diese in vier Punkten zusammen. 1. Adlige können ohne Vorladung und rechtskräftiges Urteil - ausgenommen man ertappt sie bei einer Straftat - nicht verhaftet werden. 2. Sie unterstehen nur der Macht des rechtmäßig gekrönten Königs. 3. Sie können nach Belieben ihre gesetzlich verbrieften Rechte in Anspruch nehmen bzw. über die Einnahmen ihrer Güter verfügen, haben weder Steuern noch Zölle zu entrichten und müssen nur ihrer militärischen Pflicht zur Verteidigung des Reiches nachkommen. 4. Sofern ein König ihre Rechte verletzt, steht es ihnen zu, sich zu widersetzen, ohne dabei die Schuld des Hochverrats auf sich zu laden.

Zu Beginn des Zeitalters blühte die Einrichtung der Familiaritas noch. Barone und wohlsituierte Adlige stellten für bestimmte Gegenleistungen andere Adlige in ihren Dienst, d.h., sie nahmen sie in den Kreis ihrer Familie auf. Im ausgehenden Mittelalter lockerte sich die Bindung zwischen Dienstherr und Familiaris. Beispielsweise galt die Dienststellung nur für kurze Zeit, im allgemeinen für ein Jahr. Im Zeitalter der Jagiellonen tauchte der Ausdruck Servitor für die solchen Dienst versehenden Adligen auf. Auch zwischen den einzelnen Familiares gab es große Unterschiede: Das Einkommen eines Burghauptmanns konnte das eines mittelständischen adligen Grundherren erreichen. Andere wiederum erhielten für ihre Dienste nur Verpflegung, Bekleidung und Unterkunft.

Die Leibeigenen

Zahlenmäßig überwogen unter den Landesbewohnern die Leibeigenen. Der Anfang des vorangehenden Jahrhunderts begonnene Vereinheitlichungsprozeß war im 15. Jahrhundert entgültig abgeschlossen. Von da an wurde jeder, der unter einem Grundherren hörig war, als Leibeigener angesehen, gleichgültig ob es sich um den mehrere Morgen Land pachtenden, eine ganze Schafherde haltenden Ackerbürger eines Marktflecken oder einen im Hause anderer wohnenden Häusler handelte. Leibeigene hatten kein Eigentumsrecht an ihren Feldern, obwohl sie diese innerhalb bestimmter rechtlicher Rahmen weitervererben konnten. Sie unterstanden der Jurisdiktion ihrer Grundherren. Ihre Angelegenheiten verhandelte das Patrimonialgericht, der Grundherr war jedoch verpflichtet, für ihren Schutz zu sorgen.

Nach der Niederschlagung des Bauernkrieges erging an die Leibeigenen zwar das Verbot der Freizügigkeit, doch wurde dieses Verbot nie praktisch umgesetzt. Noch jahrhundertelang waren für das Verhältnis Grundherr-Leibeigener in erster Linie das lokale Gewohnheitsrecht und die nicht landesweit gültigen Gesetze ausschlaggebend. Sie regelten auch die Höhe der an den Grundherrn zu entrichtenden Abgaben, welche man immer häufiger schriftlich, in sog. Urbarien, festhielt. Die in den Urbarien fixierten ordentlichen Einnahmen, die jährlich zwei- bis dreimal abzuliefernden Geschenke und das Bodenpachtgeld (terragium), waren relativ niedrig. Zu ihnen gesellte sich aber noch die "außerordentliche Taxe", die auf manchen Grundbesitzungen doch ziemlich regelmäßig eingezogen wurde. Der Neunt mußte nicht überall entrichtet werden. Die Fronarbeit war gering bemessen, meist bestand sie aus Fuhr- und Mähdiensten.

Die Bürger

Ähnlich uneinheitlich wie die übrigen Stände war auch die städtische Bürgerschaft. Zu ihrer Oberschicht gehörten in den größeren Städten die Kaufleute, königlichen Kammerpächter und Warenhandel betreibenden Handwerker und in den Bergstädten außerdem die Eigentümer der Gruben und Hütten. Sie hielten die Leitung der Stadt in Händen, aus ihren Reihen kamen die Mitglieder des sog. inneren Rates. Die Gewerbetreibenden bildeten die städtische Mittelschicht, die sich über den äußeren Rat in die Verwaltung der Stadt einschaltete. Die Mehrheit der Städter nannte man einfach Stadtbewohner. Selbst wenn sie außerhalb der Stadtmauern als Bürger galten, wurden sie von der städtischen Führungsschicht nicht als solche betrachtet. Sie verdienten sich ihren Unterhalt als Tagelöhner, Fuhrleute oder mit anderen Diensten.

Die Einwohner von Marktflecken zählten nach dem Landesrecht zwar als Leibeigene. Doch meist gebührte die Bezeichnung Bürger auch ihnen, ebenso wie den Bewohnern der bischöflichen Residenzstädte. Im 15. Jahrhundert gründete man auch in den Marktflecken immer mehr Zünfte. Hier kam es oft vor, daß sich alle Handwerker in einer Innung zusammenschlossen. Zur damaligen Zeit wurde zwischen Zunft und religiöser Bruderschaft noch kein Unterschied gemacht. Diese Bruderschaften errichteten sich eigene Altäre, ihre Zusammenkünfte waren Schauplätze des städtischen Politisierens. In den größeren Städten gab es die Bruderschaften der reichen Kaufleute, die Innungen Leib Christi, aber auch für die Ärmsten der Armen organisierte man die Zunft der Elenden.

WIRTSCHAFT

Der Begriff Staatshaushalt war im Mittelalter unbekannt. Unter Matthias' Herrschaft versuchte man erstmals, die königlichen und Landeseinkünfte voneinander zu trennen. Bei der Verwendung der Landeseinnahmen durften auch die Stände ein Wort mitreden. Doch selbst nach der Schatzkammerreform erschienen nicht alle Einnahmen oder Ausgaben in der zentralen Buchführung. Gleich den anderen europäischen Ländern hatte auch der Etat des spätmittelalterlichen Königreiches Ungarn ständig mit Geldmangel zu ringen. Bei den Finanzangelegenheiten dieses Zeitalters sind zwei Abschnitte zu unterscheiden: der Abschnitt vor und der Abschnitt nach den von Matthias eingeführten Neuerungen.

Gemessen an der Sigismundzeit waren die Landeseinnahmen im ersten Zeitraum gering, was sich hauptsächlich mit der wirren politischen Lage erklären läßt. Die höchsten Einnahmen brachte das Salzmonopol, diesem folgte die Münzdegradation und dieser die aus den Dreißigstelzöllen und dem Edelmetallumtausch stammenden Einkünfte. König Albert führte das System der regelmäßigen Münzdegradation wieder ein. Nach seinem Tod herrschten im Münzwesen chaotische Zustände, da man im Namen mehrerer Herrscher gleichzeitig Geld prägen ließ. Der Wert des Goldforint blieb unverändert, aber der Wert des im alltäglichen Zahlungsverkehr verwendeten Silbergeldes verschlechterte sich.

János Ernuszt war der Initiator der zwischen 1464 und 1470 durchgeführten Finanzreform, die vier Hauptneuerungen brachte: Die Münzdegradation wurde abgeschafft. Da es vielen Grundherren gelang, sich von der Pflicht zur Zahlung des Kammernutzens entbinden zu lassen, wurde dieser ebenfalls abgeschafft, gleichzeitig jedoch zu demselben Wert und unter neuem Namen die königliche Fiskalsteuer erhoben. Aus ähnlichen Erwägungen heraus wandelte man den Namen des Dreißigstelzolls in Kronenzoll ab. Weiters wurden Neuerungen beim Münzprägen eingeführt und schließlich auch das organisatorische Gefüge der Finanzverwaltung, die Schatzkammer, umgestaltet. Nach dieser Reform rückten die Steuereinkünfte an die erste Stelle der Einnahmequellen des Königreichs, erst danach folgten die übrigen.

Es gab zweierlei Steuern: die Fiskalsteuer in Höhe von 1/5 Goldforint pro Pforte bzw. die als Sondersteuer zählende Ein-Forint-Steuer pro Pforte. Letztere wurde gleich zu Beginn von Matthias' Herrschaft erhoben, und während der böhmischen Kriege dann immer häufiger, nahezu jedes Jahr. Allen Versprechungen zum Trotz änderten an diesem System auch die Jagiellonen nichts. Von den Städten, Juden, Rumänen und Szeklern zog man Sondersteuern ein. Die Einkünfte, die Matthias in den besten Finanzjahren aus Ungarn bezog, lassen sich auf 900.000 Goldforint ansetzen. Vergleichsweise beliefen sich die Einnahmen Venedigs zu dieser Zeit auf eine Million, die des Osmanischen Reiches auf 1.800.000 und die des Königreichs Frankreich auf 4.000.700 Forint.

Vor der Reform wurden dreierlei Münzarten geprägt: der Goldforint sowie zwei Silbermünzen, der Denar und der minderwertigere Obolus. Nach 1467 wurde der Groschen wieder eingeführt. Für einen Goldforint gab man damals 100 Denare, für einen Groschen 4 Denare und für einen Denar 2 Oboli. Unter Wladislaw II. begann man damit, den Goldmünzen gleichwertiges Silbergeld zu prägen. Diese anfangs nicht im alltäglichen Geldverkehr verwendeten Münzen hießen zunächst Guldiner, später dann Taler. Auch das äußere Erscheinungsbild des Geldes wandelte sich. Die noch jahrhundertelang geprägten Madonnenmünzen erschienen, auf deren Avers das Wappen und auf deren Revers die Hl. Jungfrau abgebildet waren. Ab 1471 erhielt die Forintprägung gleichfalls ein Marienbildnis.

Wegen des Türkenfeldzuges von 1521 änderte der Hof den seit 1467 bestehenden Münzfuß. Die Neuerung war gleichbedeutend mit Münzverschlechterung, da die "neuen Münzen" nur noch halb soviel Silber enthielten wie die alten. Der Versuch dauerte bis 1525. Für kurze Zeit konnte er dem Fiskus zwar aushelfen, doch aufgrund der durch die Inflation ausgelösten Stimmung mußte man schließlich einen Rückzieher machen. Und bis zur Schlacht bei Mohács hatten die Ausgaben sämtliche Einnnahmen verschlungen. Auch ausländische Münzen wurden während des gesamten Zeitalters benutzt: in Westungarn der österreichische Denar, in Siebenbürgen der walachische Ospora.

Die Erträge der Gold- und Silberminen gingen beständig zurück, durch das immer tiefere Schürfen drang Wasser in die Gruben ein. Den Bürgern der Bergstädte fehlte das Geld, um kostspielige Wasserpumpanlagen zu unterhalten, es bedurfte also auch ausländischer Geldgeber. Unter ihnen befand sich die Familie Fugger, der ein ganz Europa umspannendes Netz von Banken gehörte. Sie waren die Hauptgläubiger der Habsburger. Ab 1496 hatten die mit den Fuggern verwandten ungarischen Brüder Thurzó den Abbau und Handel des Kupfers und Silbers der Gruben der Garam-Gegend gepachtet. Ähnlich wie im 13. Jahrhundert das Schemnitzer Silber und im 14. Jahrhundert das Kremnitzer Gold waren zu jener Zeit das Kupfer und das dieses ergänzende Silber von Bistriz europaweit bekannte Erzeugnisse des ungarischen Bergbaus.

Bedeutendster Außenhandelspartner Ungarns war der Westen, gefolgt von den Handelsbeziehungen in Richtung Italien, und an dritter Stelle stand der Handel mit den polnischen und rumänischen Fürstentümern. Der Handelsverkehr nach Westen wurde auf der Straße Wien-Buda entlang der Donau bzw. auf der Donau selbst sowie in der Tälern der Flüsse Mur und Save abgewickelt. Hauptnutznießer dieses Handelsverkehrs waren die Städte, z.B. Ödenburg, hauptsächlich jedoch Preßburg. In den 1460er Jahren, als sich die innenpolitischen Verhältnisse in Österreich verschlechterten, kam ein Großteil des Nutzens aus dem Außenhandel Pest und Buda zugute. Aus dem Westen importierte man Tuche und Eisenwaren, aus Italien qualitätsvolle Stoffe und Luxusartikel.

Während der Eroberung Schlesiens durch Matthias wuchs die Bedeutung der von Breslau durch das Waagtal in die Mitte des Landes führenden Straße. Hier wickelte man auch den Kupferexport ab. Als wichtigste Exportware galt das Rind. Mit dem Rinderhandel ging die Rinderhaltung einher. Den Nutzen aus diesem Geschäft zogen die Städte Pest, Szeged und Székesfehérvár, in deren Umgebung riesige Herden weideten. Pest, das von den 1250er Jahren an eine Buda untergeordnete Siedlung war, wurde königliche Freistadt. Ihr äußeres Erscheinungsbild bestimmte der Rindermarkt. Ursprünglich lag der große, unbebaute Platz, wo die Märkte stattfanden, innerhalb der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts errichteten Stadtmauer. Doch einige Jahrzehnte später mußte man die Märkte bereits außerhalb der Mauern abhalten.


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