Franziskaner, Konventuale, Observanten
Franziskaner im mittelalterlichen Ungarn
Bereits kurz nach der Gründung ihres Ordens erschienen die Franziskaner in der zweiten Hälfte der 1220er Jahre auch in Ungarn, wo der Orden insbesondere nach dem Mongolensturm außergewöhnlich rasch Verbreitung fand. Im 14. Jahrhundert entstanden zwei Hauptzweige, der Konventual- und der Observantenzweig. Letztgenannter tauchte ab Mitte des Jahrhunderts in den Schriftquellen auf. Die jahrzehntelangen Gegensätze zwischen beiden verschärften sich, als die Observanten in zwei jener Städte (Großwardein und Szeged) neue Klöster gründeten, in denen es schon lange Konventualklöster gab. Erst als die Observanten Anfang des 16. Jahrhunderts versprachen, solche Neugründungen künftig zu unterlassen, und als 1517 auch die Konventualen die Einhaltung der strengeren Regeln annahmen, lösten sich die Spannungen. Zu dieser Zeit wurde mit den früheren Konventualklöstern die marianische, und mit den ehemaligen Observantenklöstern die salvatorianische Ordensprovinz gebildet.
BR
Konventuale
An der Wende vom 13. auf das 14. Jahrhundert kam es zum sog. Armuts-Disput, der das Leben des Franziskanerordens grundlegend veränderte. Es ging dabei im wesentlichen um die Interpretierung der vom hl. Franzikus für besonders wichtig erachteten Armut. Ein Teil der Ordensmitglieder akzeptierte die radikale Interpretation und verwarf jede Art von Eigentum, insbesondere Grundbesitz. Daraus entwickelte sich der Zweig der Observanten. Im Gegensatz dazu sahen die Vertreter des anderen Zweiges den Besitz weniger wertvoller Immobilien und auch wertvoller Güter als Ausdruck des religiösen Empfindens der Gläubigen an. Diesen Zweig nannte man ab dem 14. Jahrhundert Konventuale. Die Mitglieder des ungarländischen Konventualzweiges akzeptierten Anfang des 16. Jahrhunderts schließlich die strengeren Vorschriften, d.h. ein der regulären Observanz gemäßes Leben.
BR
Observanten
Zweig des Franziskanerordens, der die Regeln des hl. Franziskus strenger einhielt. Erschien in Ungarn schon im 14. Jahrhundert. Anfangs gründeten die Observanten nur in den südlichen Landesgegenden Klöster. Hier war ihr Hauptziel nicht so sehr die Bekehrung der Ungläubigen, sondern eher der Orthodoxen (nach zeitgenössischem Sprachgebrauch auch Abtrünnige oder Schismatiker) und der bogumilischen Ketzer.
Die Zahl der Observantenklöster wuchs trotz ihrer frühen Anwesenheit erst ab der Mitte des 15. Jahrhunderts, genauer ab 1444, in stärkerem Maße. Zu dieser Zeit wurden sie vor allem von Regent János Hunyadi unterstützt, der ihnen nicht nur mehrere Klöster stiftete, sondern auch dafür sorgte, daß sie einige der bestehenden Konventualklöster (z.B. Buda, Esztergom, Szécsény) übernehmen konnten. In diesen Fällen diente als Vorwand der Übernahme die gelockerte Disziplin bei den Konventualen. Die Unterstützung der Observanten ließ auch unter János Hunyadis Sohn, König Matthias, nicht nach. Ihre letzten Klöster gründeten sie in der Jagiellonenzeit. Eines der bedeutendsten darunter war das 1490 in der Unterstadt von Szeged gegründete Kloster. Seine Kirche wurde erst Anfang des 16. Jahrhunderts fertiggestellt, und das Kloster selbst sogar noch später, nach der Befreiung von der Türkenherrschaft.
Der Observantenzweig des Franziskanerordens gab der Kirche im allgemeinen und der ungarischen Kirche im besonderen sowie der ungarischen Kultur so bedeutende Persönlichkeiten wie den hl. Johannes von Kapistrano, Pelbárt Temesvári, Osvát Laskai oder den mittelalterlichen Geschichtsschreiber des Ordens, Balázs Szalkai.
BR |
|